Urteile zu Drogen im Verkehr
Aussageverwertung bei einer Aussage nach Cannabisk
Verwaltungsgerichtshof Mannheim
Az: 10 S 608/07
Beschluss vom 16.05.2007
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Februar 2007, 7 K 401/07 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 14.11.2006 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Auch im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdebegründung ist nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage von der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auszugehen. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet und somit ernstlich zu befürchten ist, er werde bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden. Damit überwiegt aber das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung.
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kann seine Aussage zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums im Rahmen der Verkehrskontrolle vom 05.09.2006 zur Begründung der Entziehungsverfügung herangezogen werden. Zunächst kann aufgrund der Aussage des Polizeibeamten K. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Baden-Baden vom 09.03.2007 (Bußgeldsache) zu Gunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, dass dieser den Antragsteller vor seiner Aussage über die Häufigkeit seines Cannabiskonsums nicht darüber belehrt hat, dass es ihm als Beschuldigtem im Strafverfahren freistehe, sich zur Sache zu äußern. Insoweit ist nicht die auf den Zeugen abzielende Vorschrift des 55 StPO, sondern die Belehrungspflicht des 136 Abs. 1 Satz 2 StPO maßgeblich. Da die Aussage des Antragstellers auf der Fahrt von der Kontrollstelle zur Polizeidienststelle erfolgte, handelte es sich auch nicht mehr um eine bloße informatorische Befragung des Antragstellers, für die die Belehrungspflicht des 136 Abs. 1 Satz 2 StPO noch nicht gilt. Denn die Verbringung des Antragstellers zur Polizeidienststelle im Anschluss an die Durchführung von Cannabis-Vortests brachte deutlich zum Ausdruck, dass die Polizeibeamten dem Antragsteller bereits als dem Beschuldigten begegneten (vgl. BayObLG, Beschl. v. 02.11.2004 - 1 St RR 109/04 -, NStZ-RR 2005, 175). In seinem Beschluss vom 27.02.1992 hat der Bundesgerichtshof (5 StR 190/91, BGHSt 38, 214 = NJW 1992, 1463) entschieden, dass, sofern der Vernehmung eines Beschuldigten durch einen Beamten des Polizeidienstes nicht der Hinweis vorausgegangen ist, dass es dem Beschuldigten freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen ( 136 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. 163a Abs. 4 Satz 2 StPO), Äußerungen, die der Beschuldigte in dieser Vernehmung gemacht hat, nicht verwertet werden dürfen. Die Entscheidung bezieht sich auf die Rechtsstellung des Beschuldigten im Strafprozess und ist Ausdruck des anerkannten Prinzips des Strafprozesses, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht (BVerfG, Beschl. v. 13.01.1981 - 1 BvR 116/77 -, BVerfGE 56, 37, 43; BGH, Urt. v. 14.06.1960 - 1 StR 683/59 -, BGHSt 14, 358, 364). Wird die ohne vorherige Belehrung nach 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erfolgte Äußerung des Antragstellers zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums zur Begründung der von der Fahrerlaubnisbehörde im Interesse der Gefahrenabwehr verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis herangezogen, so bewirkt dies auch keinen mittelbaren Verstoß gegen die allein für das Strafverfahren geltende Vorschrift des 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Denn aus der behördlich angeordneten Fahrerlaubnisentziehung ergeben sich keine Auswirkungen für das im Hinblick auf den betreffenden Vorfall durchgeführte Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Die Belehrungspflicht des 136 Abs. 1 Satz 2 StPO ist auch nicht Ausdruck eines allgemeinen, von einer gesetzlichen Normierung unabhängigen Rechtsgrundsatzes, dass Äußerungen eines Betroffenen in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren nur dann verwertet werden dürfen, wenn der Betreffende zuvor auf sein Schweigerecht hingewiesen worden ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Gesetzgeber für den betreffenden Regelungsbereich in einer einfach-gesetzlichen Bestimmung eine entsprechende Belehrungspflicht normiert hat. Auch der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen gibt, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden (Beschl. v. 26.02.2001 - VII B 265/00 -, NJW 2001, 2118; Urt. v. 23.01.2002 - XIR 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Dass hinsichtlich etwaiger Belehrungspflichten die jeweilige Entscheidung des Gesetzgebers maßgeblich ist, lässt sich auch aus 393 Abs. 1 Satz 1 AO ableiten. Danach richten sich die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Da danach Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander stehen, ist die Frage nach einem Verwertungsverbot im Steuerstrafverfahren nach strafprozessualen und im Besteuerungsverfahren nach abgabenrechtlichen Vorschriften (dort z.B. die Belehrungspflicht nach 393 Abs. 1 Satz 4 AO) zu beantworten (vgl. BFH, Urt. v. 23.01.2002 - XI R 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Ein unabhängig von einer einfach-gesetzlichen Regelung bestehendes allgemeines Verwertungsverbot könnte dagegen angenommen werden, wenn ein Verstoß gegen 136a StPO vorliegt (vgl. BFH, Urt. v. 23.01.2002 - XI R 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht ersichtlich.
Für das behördliche Entziehungsverfahren bestehen keine Regeln, die die Behörde verpflichten, den Betroffenen vor einer Äußerung zur Sache, die zur Begründung der zukünftigen Maßnahme unter Umständen herangezogen werden kann, über sein Schweigerecht zu belehren. Dies gilt zunächst für die allgemein in 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LVwVfG geregelte Anhörung des Betroffenen als dem Beteiligten im Sinne von 13 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG. Aber auch den für die behördliche Fahrerlaubnisentziehung maßgeblichen Bestimmungen lässt sich kein Hinweis auf eine 136 Abs. 1 Satz 2 StPO entsprechende Belehrungspflicht entnehmen. Geregelt hat der Gesetzgeber demgegenüber in 2 Abs. 12 Satz 1 StVG die umfassende Pflicht der Polizei, der Fahrerlaubnisbehörde Informationen über Tatsachen zu übermitteln, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist.
An der inhaltlichen Richtigkeit des Berichts der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vom 22.09.2005 bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel. Die dort wiedergegebene Äußerung des Antragstellers, "regelmäßig Cannabisprodukte zu konsumieren", belegt zumindest, dass es sich bei dem durch die Blutuntersuchung vom 19.06.2006 nachgewiesenen Konsum nicht um eine nur einmalige Einnahme handelt, die nach der Senatsrechtsprechung für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht ausreicht (vgl. Senatsbeschl. v. 29.09.2003 - 10 S 1294/03 -, VBlBW 2004, 36).
Durch das Gutachten vom 19.06.2006 ist zugleich das Zusatzelement des fehlenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 belegt. Denn die Untersuchung der am 05.09.2006 30 Minuten nach der Personenkontrolle beim Antragsteller entnommenen Blutprobe hat eine THC-Konzentration von 2,7 ng/ml ergeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist jedenfalls bei einer höheren THC-Konzentration als 2 ng/ml eine durch den Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der fahreignungsrelevanten Eigenschaften eines Fahrerlaubnisinhabers gegeben (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604). Die Art und Weise des Konsums von Cannabis - hier die behauptete Einnahme im puren Zustand durch eine Pfeife - ist für die Frage des Trennungsvermögens ebenso ohne Belang wie sonstige Begleitumstände, hier die Durchführung einer Fastenkur oder der Umstand, dass im ärztlichen Bericht über die Blutentnahme dem Betroffenen insgesamt ein unauffälliges Verhalten bescheinigt wird. Denn von einem ausreichenden Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann nur gesprochen werden, wenn der Konsument Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (Senatsbeschl. v. 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; v. 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -; v. 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -). Vorliegend hat der Antragsteller aber als Führer eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr teilgenommen, obwohl er, wie der Nachweis von THC in seinem Blut in der erheblichen Konzentration von 2,7 ng/ml belegt, nicht sicher sein konnte, dass die berauschende Wirkung des von ihm vorsätzlich konsumierten Betäubungsmittels Cannabis vollständig abgebaut ist. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass entgegen dem Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung in der Fahrerlaubnis-Verordnung in Bezug auf den Konsum von Cannabis keine Grenzwerte festgesetzt sind.
Soweit in der Beschwerdebegründung auf einen im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Schriftsatz sowie auf bereits im behördlichen Verfahren vorgelegte Urkunden verwiesen wird, genügt dies nicht den Anforderungen des 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn das Gesetz verlangt, dass sich die Begründung der Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander setzt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in 63 Abs. 2, 47 sowie 53 Abs. 3 Nr. 2 und 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Nach 52 Abs. 2 GKG beträgt der Regelstreitwert, der der Berechnung nach dem Streitwertkatalog zugrunde zu legen ist, 5.000,- EUR. Dieser Betrag ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Cannab
Oberverwaltungsgericht Bremen
Az: 1 B 302/07
Beschluss vom 14.08.2007
In der Verwaltungsrechtssache hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - am 14.08.2007 beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - 5. Kammer - vom 03.07.2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wieder herzustellen, zu Recht abgelehnt. Das Vorbringen des Antragstellers zur Begründung seiner Beschwerde, auf dessen Überprüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist ( 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.
1.
Das Verwaltungsgericht hat den Antragsteller zu Recht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen. Nach Ziff. 9.2.2. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) fehlt einem Kraftfahrer die Eignung, wenn er gelegentlich Cannabis zu sich nimmt und Konsum und Fahren nicht voneinander getrennt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Der Antragsteller nimmt "gelegentlich" Cannabis zu sich.
In der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist streitig, ob gelegentlicher Konsum schon dann vorliegt, wenn ein einmaliger Konsum dieser Droge festgestellt worden ist (so OVG Hamburg, zuletzt Beseh!. v. 15.12.2005 - 3 Bs 214/05 - , NJW 2006, 1367), oder ob mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen worden sein muss (so in stRspr Bayerischer VGH, Besch!. v. 25.01.2006 - 11 CS 05.1453 - Blutalkohol 2006, 422; zuletzt Besch!. v. 12.03.2007 - 11 CS 06.1525 - ; ebenso VGH Baden-Württemberg, Besch!. v. 20.09.2003 - 10 S 1294/03 - DöV 2004 = Blutalkohol 2004, 185, 129; OVG Frankfurt/Oder, Beseh!. v. 13.12.2004 - 4 B 206/04 - Blutalkohol 2006, 161; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Besch!. v. 19.12.2006 - 1 M 142/06 -
Das gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller lediglich am späten Abend des 06.11.2006 oder auch noch einmal erneut am frühen Morgen des 07.11.2006 Cannabis zu sich genommen hat. Zwar muss hier angesichts der festgestellten Werte davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller nicht nur, wie er eingeräumt hat, am Abend des 06.11.2006 mehrere Zigaretten mit Cannabis geraucht, sondern auch noch am frühen Morgen Cannabis konsumiert hat. Zugunsten des Antragstellers mag aber unterstellt werden, dass es sich bei der Einnahme von Cannabis am frühen Morgen nicht um einen erneuten, von dem Rauchen am Abend losgelösten selbständigen Vorgang, sondern um den unselbständigen Teil eines einheitlichen Konsumvorgangs während einer Nacht gehandelt hat (vgl. zu dieser Abgrenzung Bayerischer VGH, Beschl. v. 09.10.2006 - 11 CS 05.2819 - <JURIS .
Auch ein solcher einheitlicher Konsumvorgang am 06./07.11.20006 kann aber nicht als einmaliges Ereignis betrachtet werden. Beim Antragsteller war nämlich bereits zuvor am 02.06.2003 Cannabiskonsum festgestellt worden. Dass dieser Konsum längere Zeit zurücklag und dem Antragsteller im April 2004 durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten bescheinigt wurde, sich seit mindestens neun Monaten abstinent verhalten zu haben, steht seiner Berücksichtigung nicht entgegen. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob diese Abstinenz tatsächlich vorgelegen hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.02.2007 - 10 S 2302/06 -, Blutalkohol 2007, 190). Es reicht aus, dass sie nicht angedauert hat. Der frühere Cannabisgebrauch schließt die Annahme aus, es habe sich am 06./07.11.2006 um ein "einmaliges Probierverhalten" (vgl. zu diesem Kriterium Bayerischer VGH, Beschl. v. 25.01.2006, a.a.O.) gehandelt, dessen Wiederholung nicht zu erwarten sei. Das gilt umso mehr, als der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben gegenüber dem Gutachter früher über einen mehrjährigen Zeitraum täglich Cannabis zu sich nahm.
b) Der Antragsteller kann Konsum und Fahren nicht voneinander trennen.
An einer solchen Trennung fehlt es immer dann, wenn der Kraftfahrer objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben, signifikant erhöht hat. Ob diese Schwelle schon überschritten ist, wenn eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml festgestellt wird (so VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.11.2004 - 10 S 2194/04, Blutalkohol 2005, 187; Beschl. v. 27.03.2006 - 10 S 2519/05 - , NJW 2006, 2135 = Blutalkohol 2006, 412), oder ob nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine Wirkstoffkonzentration von mehr als 2,0 ng/ml vorliegen muss (so Bayerischer VGH, vgl. insbes. Beschl. v. 11.11.2004 - 11 CS 04.2348 - Blutalkohol 2006, 414 und Beschl. v. 25.01.2006 11 CS 05.1711 - Blutalkohol 2006, 416; zuletzt Beschl. v. 04.06.2007 - 11 CS 06.2806 -; ebenso OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.12.2006, a.a.O.), kann hier offen bleiben, denn die beim Antragsteller zuletzt festgestellte Konzentration lag mit 5,0 ng/ml erheblich über beiden Werten. Bei dem ersten Vorfall am 02.06.2003 hatte der Antragsteller mit einer Wirkstoffkonzentration von 20 ng/ml THC am Straßenverkehr teilgenommen. Beide Vorfälle widerlegen die Behauptung der Beschwerde, der Antragsteller sei "zu keinem Zeitpunkt" selbst gefahren, sondern habe sich "jedes Mal" von seinen Eltern abholen lassen, wenn er zu einer Party gegangen sei, wo Cannabis konsumiert worden sei.
2.
Aufgrund der beschriebenen Vorkommnisse steht zweifelsfrei fest, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Gemäß 3 Abs. 1 StVG i.V.m. 46 Abs. 1 FeV ist ihm daher die Fahrerlaubnis zu entziehen. Eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wie es die Beschwerde verlangt, bedarf es dazu nicht.
3.
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist auch nicht deshalb geboten, weil der Antragsteller aus beruflichen Gründen auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist. Zwar kommt dem Interesse des Antragstellers, weiterhin ein Kraftfahrzeug nutzen zu können, erhebliches Gewicht zu; gleichwohl hat es im Rahmen der nach 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Abwägung hinter dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs zurückzustehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.
Drogenfahrt und relative Verkehrsuntüchtigkeit
Oberlandesgericht Hamm
Az: 4 Ss 159/07
Beschluss vom 08.05.2007
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der Strafrichterin des Amtsgerichts Münster vom 24. Januar 2007 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08. 05. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Münster zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht - Strafrichterin - Münster hat den Angeklagten am 24.01.2007 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt, die Fahrerlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von 6 Monaten verhängt. Die Verurteilung stützt sich auf folgende Feststellungen zur Tat:
"Am 20.10.2006 befuhr der Angeklagte gegen 14.50 Uhr in fahruntüchtigem Zustand mit einem Personenkraftwagen der Marke Mercedes (Kennzeichen XXXXX) unter anderem die B 51 in Fahrtrichtung BAB A 43 mit überhöhter Geschwindigkeit auf dem linken Fahrstreifen. Dabei missachtete er die durch Schraffierung kenntlich gemachte Sperrung des linken Fahrstreifens infolge der einspurigen Auffahrt zur BAB 219 Anm. des Senats: wohl B 219 . Am Autobahnkreuz Münster-Süd wurde er von dem Zeugen M.- und A. angehalten. Dabei wurde von dem Beamten eine verwaschene Sprache des Angeklagten, deutlich verengte Pupillen, die nicht auf Lichteinfall reagierten, sowie ein provokatives und aggressives Verhalten festgestellt. Die ihm um 16.10 Uhr entnommene Blutprobe hat ergeben, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter akuter Morphinwirkung infolge Heroinkonsums stand. Die Fahruntüchtigkeit hätte er erkennen können und müssen. Aus dieser Tat ergibt sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen."
In der rechtlichen Würdigung dieses Sachverhalts heißt es dann:
"Hier wurden neben der Geschwindigkeitsüberschreitung, die auch bei nüchternen Fahrern eine übliche Erscheinung ist und daher für sich allein einen Rückschluss auf Drogenkonsum und eine dadurch bedingte Fahruntüchtigkeit nicht zulässt, weitere erhebliche Fahrfehler festgestellt worden. So hat der Angeklagte, ohne verkehrsbedingt dadurch gezwungen zu sein, die schraffierte Sperrfläche beim Auffahren auf die BAB A 43 überfahren und ist zudem in einem Zuge auf die linke Spur der Autobahn aufgefahren. Dies stellt eine besonders auffällige und regelwidrige sowie sorglose und leichtsinnige Fahrweise dar, die rauschbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit zweifelsohne erkennen lässt. Zudem hat der vernommene Polizeibeamte ausgeführt, dass der Angeklagte neben der verwaschenen Sprache auch dem Ansprechen der Polizeibeamten nicht zu folgen vermochte."
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil wendet sich der Angeklagte mit dem noch unbestimmten Rechtsmittel vom 31.01.2007, das am selben Tag beim Amtsgericht eingegangen ist. Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe am 15.02.2007 hat der Verteidiger mit dem dem Gericht am selben Tage zugegangenen Schriftsatz vom 13.03.2007 das Rechtsmittel der Revision gewählt und beantragt, das Urteil aufzuheben. Gerügt wird der Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Rechtsmittel des Angeklagten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Der gemäß den 333, 335 StPO statthaften sowie form- und fristgerecht erhobenen (Sprung-) Revision ist ein - zumindest vorläufiger - Erfolg nicht zu versagen.
1. Das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 24.01.2007 ist aufzuheben, weil die getroffenen Feststellungen den Schuldspruch der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr nicht tragen.
Eine Verurteilung des Angeklagten setzt nach 316 StGB hier voraus, dass er drogenbedingt "nicht in der Lage (war), das Fahrzeug sicher zu führen" (sog. Fahruntüchtigkeit; vgl. dazu BGHSt 13, 83, 90; 21, 157, 160; 37, 89, 92). Die Annahme der drogenbedingten Fahruntüchtigkeit muss an dieselben Voraussetzungen anknüpfen, die die Rechtsprechung für die Anwendung des 316 StGB auf das Führen von Fahrzeugen unter Alkoholeinfluss entwickelt hat (BGH MDR 1999, 91).
a) Da es bislang an Erfahrungswissen, um die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nach Konsum anderer Rauschmittel im Sinne einer Festlegung "absoluter" Wirkstoffgrenzen festzustellen, fehlt (BGHSt 44, 219; NStZ-RR 2001, 173; OLG Düsseldorf NZV 99, 174; OLG Frankfurt NStZ-RR 02, 18, OLG Saarbrücken VRS 102 121, OLG Zweibrücken StV 2003, 624; 2004, 322), kommt daher hier eine strafrechtliche Ahndung des Fahrens unter Drogeneinfluss nur unter den Voraussetzungen der relativen Fahruntüchtigkeit in Betracht, bei der im Einzelfall der Nachweis erbracht werden muss (BGH a.a.O.), dass der Angeklagte im konkreten Fall aufgrund der Wirkung berauschender Mittel zur sicheren Verkehrsteilnahme nicht in der Lage war (Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., 316 Rdnr. 6 m.w.N.). Dazu müssen spezifische Anknüpfungstatsachen - Ausfallerscheinungen oder Fehlleistungen (OLG Köln NJW 1990, 2945) - festgestellt werden, die unter Berücksichtigung der Drogenbelastung nach Überzeugung des Gerichts auf Fahruntüchtigkeit schließen lassen. Anhaltspunkte dafür liefert zunächst das Verkehrsverhalten, etwa ein Fahrfehler, der in symptomatischer Weise auf die nach einem Drogenmissbrauch typischerweise auftretenden physiologischen oder psychischen Folgen (z.B. Kritiklosigkeit, erhöhte Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung) hinweist, oder z.B. eine anders als durch kurz zuvor erfolgte Drogeneinnahme nicht erklärbare verspätete Reaktion auf ein polizeiliches Anhaltegebot (OLG Düsseldorf NJW 1994, 2390; OLG Frankfurt NZV 1995, 116). Dagegen reichen allgemeine Merkmale des Drogenkonsums nicht aus (BGHSt 44, 219; OLG Zweibrücken a.a.O.), wie: gerötete Augen, erweiterte Pupillen, "verwaschene" Sprache u.ä. (hierzu: Mettke, NZV 2000, 199, 201 m.w.N.). Hierbei handelt es sich nur um die typischen Anzeichen des Drogenkonsums, aus denen eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht zwingend gefolgert werden kann.
b) Zwar lassen die Urteilsgründe erkennen, dass sich das Amtsgericht der obergerichtlichen Rechtsprechung bewusst war und sich hieran orientieren wollte. Denn es zieht in seiner Begründung neben der akuten Rauschmittelintoxikation - an anderer Stelle des Urteils wird die Konzentration mit 91 mg/g Morphin im Blut des Angeklagten (nach dem in der Akte befindlichen schriftlichen Gutachten wohl 91 ng/g) mitgeteilt - zwei Fahrfehler heran, die der Angeklagte begangen haben soll. So wirft es ihm vor, zum einen über eine schraffierte Straßenfläche als auch zum anderen mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren zu sein. Ein solches Fahrverhalten, das durch erhöhte Risikobereitschaft geprägt ist, kann geeignet sein, die drogenbedingte Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Es bedarf aber genauerer Feststellung zu der Art und Weise der Verkehrsverstöße, die das Amtsgericht unterlassen hat festzustellen. Denn es muss feststehen, dass dem Angeklagten, wäre er drogenfrei gewesen, diese Fehler nicht unterlaufen wären. Allgemeine, nicht durch Tatsachen belegte Redewendungen, wie vom Amtsgericht verwendet, reichen insoweit nicht aus. Hier hätte es aufzeigen müssen, wie die Verkehrslage- bzw. dichte zur Tatzeit war, mit welcher Geschwindigkeit der Angeklagte annähernd fuhr, ob die einschreitenden Polizeibeamten einen Funkstreifenwagen führten oder nur in einem Zivilfahrzeug unterwegs waren und wie der Angeklagte auf die Anhalteaufforderung reagierte. Hinzu kommt, dass das Amtsgericht allgemeine Merkmale des Drogenkonsum unzulässigerweise zur Bejahung der Fahruntüchtigkeit herangezogen hat.
c) Das vorliegende Verfahren nimmt der Senat zudem zum Anlass, um erneut darauf hinzuweisen, dass die zunehmende Praxis, Ausdrucke aus dem Bundeszentralregister in die Urteilsgründe einzukopieren, den Begründungsanforderungen nicht genügt (BGHR StPO 267 Darstellung 1). Sie ist abzulehnen und "belastet die Justiz in nicht zumutbarer Weise" (BGHR StPO 267 Abs. 3 S. 1 Strafzumessung 13), da die bloße Aufzählung der Vorverurteilungen in der Regel wenig sagt und der Eindruck entstehen kann, das Gericht habe sich mit der Eigenart der Vorverurteilungen nicht genügend wertend auseinandergesetzt (BGH a.a.O.; Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Auflage 2001, Rdnr. 782).
d) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin. Sollte das Amtsgericht nach der erneut durchzuführenden Beweisaufnahme zu dem gleichen Schuldspruch kommen, so dürfte es wegen der beim Angeklagten festgestellten Rauschmittelintoxikation unumgänglich sein, sich mit der Frage einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit auseinanderzusetzen.
2.
Das Amtsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Eine eigene Kostenentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil eine verfahrensabschließende Entscheidung noch nicht getroffenen worden ist.
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsums
Leitsätze:
1. Der Senat hält daran fest, dass auch bei einer Autofahrt mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml das fehlende Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung mit der Folge belegt ist, dass die Fahrerlaubnis bei einer nachgewiesenen zumindest gelegentlichen Einnahme von Cannabis zwingend zu entziehen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 27.03.2006 - 10 S 2519/05 -, NJW 2006, 2135).
2. Regelmäßige Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist gegeben, wenn der Fahrerlaubnisinhaber Cannabis täglich oder nahezu täglich einnimmt.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Az.: 10 S 1272/07
Urteil vom 15.11.2007
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Oktober 2006 - 7 K 2828/05 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Dem 1982 geborenen Kläger wurde im Jahr 1998 die Fahrerlaubnis der Klasse A 1 und im Jahr 2000 die Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Am 11.02.2005 beabsichtigte der Kläger, von seinem Wohnort Baden-Baden für ein verlängertes Wochenende nach Ilmenau (Thüringen) zu fahren. Die Autofahrt begann um 9 Uhr in Baden-Baden. Gegen 11.25 Uhr wurde der Kläger in Würzburg einer Verkehrskontrolle durch den Zeugen D. und einen weiteren Polizeibeamten unterzogen. Dabei stellten die Beamten fest, dass der Kläger leicht zitterte, beim Stehen auf einem Bein Gleichgewichtsstörungen hatte und sehr nervös war. Nach dem Bericht der Polizeiinspektion Würzburg vom 19.05.2005 räumte der Kläger ein, am Vorabend eineinhalb Joints geraucht zu haben. In einem weiteren vom Zeugen D. erstellten und unterschriebenen Bericht vom 11.02.2005 ("Polizeilicher Bericht Drogen") ist festgehalten, dass der Kläger angegeben habe, seit ca. einem halben bis dreiviertel Jahr nahezu täglich Cannabis zu konsumieren. Um 12.11 Uhr wurde dem Kläger eine Blutprobe entnommen. Nach dem toxikologischen Gutachten vom 25.04.2005 wies diese Blutprobe eine THC-Konzentration von 2,1 ng/ml, eine THC-OH-Konzentration von 0,7 ng/ml und eine THC-COOH-Konzentration von 14,2 ng/ml auf. Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis trug der Kläger vor, dass die bei ihm festgestellte THC-Konzentration nur 0,1 ng/ml über dem Wert liege, bei dem eine Risikoerhöhung bei der Teilnahme am Straßenverkehr nach dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.2002 zugrunde liegenden Gutachten nicht vorliege. Andere Anhaltspunkte dafür, dass seine Fahreignung beeinträchtigt gewesen sei, hätten nicht vorgelegen. Deshalb hätte anstelle der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zunächst eine medizinisch-psychologische Begutachtung angeordnet werden müssen.
Mit Entscheidung vom 08.07.2005 entzog die Beklagte dem Kläger die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen, gab ihm auf, den Führerschein der Klasse A1B bis spätestens 18.07.2005 abzuliefern und drohte ihm für den Fall der nicht rechtzeitigen Ablieferung des Führerscheins die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger wegen des gelegentlichen Konsums von Cannabis und der fehlenden Trennung von Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fahrungeeignet sei (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung).
Den Widerspruch des Klägers gegen diese Entscheidung wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005 zurück und führte zur Begründung aus: Dem Kläger könne die Fahrerlaubnis unmittelbar entzogen werden, weil seine Nichteignung bereits feststehe ( 11 Abs. 7 FeV). Denn der Kläger sei nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fahrungeeignet.
Am 02.12.2005 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Von seiner Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hätte nur nach Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgegangen werden dürfen. Zur Beibringung eines solchen Gutachtens sei er bereit. Allein aus der bei ihm festgestellten THC-Konzentration im Blut könne nicht auf seine Nichteignung geschlossen werden. Nach wissenschaftlichen Gutachten sei die bei ihm festgestellte THC-Konzentration von 2,1 ng/ml um 40 % auf einen Wert von etwa 1,26 ng/ml zurückzurechnen.
Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte geltend gemacht, dass nach 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibe, wenn die Nichteignung des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststehe. Die Fahrungeeignetheit ergebe sich hier aus Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Denn der Kläger habe nach dem Polizeibericht angegeben, seit ca. einem halben bis dreiviertel Jahr nahezu täglich Cannabis zu konsumieren. Auch sei der Kläger nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fahrungeeignet, weil er zumindest gelegentlich Cannabis konsumiere und nicht ausreichend zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs unterscheide. Ein Sachverständigengutachten sei auch deshalb nicht einzuholen gewesen, weil der Kläger nicht behauptet habe, seit dem damaligen Vorfall drogenabstinent zu leben.
Mit Urteil vom 11.10.2006 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits wegen regelmäßiger Einnahme von Cannabis fahrungeeignet sei. Jedenfalls sei er nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fahrungeeignet. Denn er konsumiere zumindest gelegentlich Cannabis und könne nicht zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen. Das unzureichende Trennungsvermögen sei durch die Fahrt unter Drogeneinfluss vom 11.02.2005 belegt. Bereits bei einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml seien Leistungsbeeinträchtigungen möglich und damit auch eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit. Hiervon sei auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 21.12.2004 ausgegangen. Ohnehin sei zu berücksichtigen, dass die THC-Konzentration zum Zeitpunkt der Fahrt höher war als der im Gutachten genannte Wert von 2,1 ng/ml. Es habe auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft, weil selbst bei der Annahme einer Auswertungsungenauigkeit von ca. 40 % der Grenzwert von 1,0 ng/ml noch immer überschritten sei.
Das Urteil ist dem Kläger am 13.03.2007 zugestellt worden. Am 16.03.2007 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil gestellt. Der Beschluss des Senats über die Zulassung der Berufung ist dem Kläger am 11.06.2007 zugestellt worden.
Mit dem am 11.07.2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.10.2006 - 7 K 2828/05 - aufzuheben. Zur Begründung der Berufung führt der Kläger aus: Zu seinen Gunsten sei davon auszugehen, dass die THC-Konzentration in seiner am 11.02.2005 entnommenen Blutprobe tatsächlich unter 2 ng/ml liege. Dann komme entsprechend der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern lediglich die Verpflichtung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach 14 Abs. 1 Satz 4 FeV in Betracht. Der derzeitige medizinisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisstand rechtfertige es nicht, bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut eines Kraftfahrzeugführers eine Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit als derart gesichert im Sinne von 11 Abs. 7 FeV anzusehen, dass dem Betroffenen ohne weitere Sachverhaltsaufklärung die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen sei. Das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen einer Messwerttoleranz lediglich vermutet. Es sei durch ein Sachverständigengutachten zu klären, ob bei der Festlegung des Messwertes der Wirkstoffkonzentration für THC von einem sog. Konfidenzintervall auszugehen sei, welcher zur Bestimmung der Messwertungenauigkeit institutsspezifisch täglich neu festgestellt werden müsse. Die Entziehungsverfügung könne auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass er möglicherweise den regelmäßigen Konsum von Cannabis eingeräumt habe. Auch die Beklagte habe ihre Verfügung nicht auf diesen Umstand gestützt. Auch werde bestritten, dass er gegenüber den Polizeibeamten anlässlich der Polizeikontrolle vom 11.02.2005 eine entsprechende Aussage gemacht habe. Etwaige Bekundungen der Polizeibeamten könnten nur Anlass dafür sein, weitere Aufklärungsmaßnahmen im Sinne von 14 Abs. 1 FeV anzuordnen. Schließlich sei auch das angefochtene Urteil nicht auf seine angebliche Aussage zum regelmäßigen Konsum von Cannabis gestützt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Oktober 2006 - 7 K 2828/05 - zu ändern und die Entscheidung der Beklagten vom 08.07.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entziehungsverfügung könne auch auf Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung gestützt werden. Denn der Kläger habe gegenüber den Polizeibeamten eingeräumt, seit einem halben bis dreiviertel Jahr nahezu täglich Cannabis zu konsumieren. Aber auch im Hinblick auf Nr. 9.2.2 der Anlage 4 sei die Entziehungsverfügung rechtmäßig, weil dem Kläger entsprechend 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis unmittelbar habe entzogen werden müssen. Die Argumentation des Klägers zu einer angeblichen Messungenauigkeit verliere bereits deshalb an Gewicht, weil sich der Kläger mit der festgestellten THC-Konzentration von 2,1 ng/ml bereits in einem Bereich befunden habe, in dem nach überwiegender Meinung sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch der Rechtsprechung eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit sehr wahrscheinlich und damit das Risiko für den Verkehr jedenfalls erhöht sei. Auch sei davon auszugehen, dass die THC-Konzentration zum Zeitpunkt der Autofahrt höher gewesen sei als die im Gutachten festgestellte Konzentration. Selbst wenn entsprechend dem Vorbringen des Klägers von einer Messungenauigkeit von ca. 40 % und damit lediglich von einer THC-Konzentration von 1,26 ng/ml auszugehen sei, sei der Nachweis des fehlenden Trennungsvermögens erbracht.
Der Senat hat durch die Vernehmung des Kriminalkommissars D. als Zeugen Beweis erhoben zu der Frage, ob der Kläger vom 11.02.2005 gegenüber dem Zeugen oder dem Polizeibeamten A. angegeben hatte, seit einem halben bis dreiviertel Jahr nahezu täglich Cannabis zu konsumieren. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akte der Beklagten sowie auf die Akte des Widerspruchsverfahrens und auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Anfechtungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten vom 08.07.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten ( 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, d. h. der Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2005 maßgeblich (BVerwG, Urt. v. 05.07.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78). Bezogen auf diesen Zeitpunkt erweisen sich die Entziehung der Fahrerlaubnis (1) und auch die sonstigen Regelungen der Entscheidung der Beklagten vom 08.07.2005 (2) als rechtmäßig.
1)
Die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Verpflichtung zur Beibringung eines Gutachtens ist nach 3 Abs. 1 Satz 1 StVG sowie 46 Abs. 1 und 3 und 11 Abs. 7 FeV rechtmäßig. Die Fahrungeeignetheit des Klägers ergibt sich in erster Linie aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (a). Die Entziehung der Fahrerlaubnis kann aber ergänzend auch auf den vom Kläger eingeräumten regelmäßigen Cannabiskonsum im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 gestützt werden (b). Ausgehend hiervon begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis unmittelbar entzogen und diesen nicht zunächst aufgefordert hat, ein Gutachten beizubringen. Denn 46 Abs. 3 i.V.m. 11 Abs. 7 FeV bestimmt ausdrücklich, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest steht. Durch diese Bestimmung hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass eine Begutachtung nur bei Eignungszweifeln in Betracht kommt, nicht jedoch, wenn, wie hier, die mangelnde Eignung bereits fest steht und ohne Hinzuziehung eines Gutachters über sie entschieden werden kann (vgl. Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BR-Drucks. 443/98, S. 257; Senatsbeschl. v. 07.03.2003 - 10 S 323/03 -, DAR 2003, 236).
a) Der Kläger ist in erster Linie nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fahrungeeignet.
Einen zumindest gelegentlichen Cannabiskonsum ("ab und zu") hat der Kläger im Laufe des Verfahrens eingeräumt. In der Berufungsverhandlung hat er ausgesagt, Anfang 2005 an den Wochenenden Cannabis eingenommen zu haben. Das Zusatzmerkmal des fehlenden Trennungsvermögens zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist durch die Fahrt des Klägers vom 11.02.2005 unter der berauschenden Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychoaktiven Wirkstoff von Cannabis, belegt.
Nach den Erkenntnissen der medizinischen Forschung über die Wirkungsweise und den Abbauprozess der psychoaktiv wirkenden Substanz THC wird diese im Körper nach der Einnahme rasch abgebaut wird, so dass die THC-Konzentration dementsprechend schnell absinkt (vgl. Iten, Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss, 2001, S. 101, 104 ff.; Sticht/ Käferstein, in: Berghaus/ Krüger, Cannabis im Straßenverkehr, S. 7 f.; Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehr, Rn. 518; M. Möller, Straßenverkehr und Grenzwerte für Drogen aus forensisch-toxikologischer Sicht, Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV 2005, Deutscher Anwaltsverlag, S. 109, 119 f.). Damit war zum Zeitpunkt der Autofahrt, die durch die Polizeikontrolle um 11.25 Uhr endete, die THC-Konzentration höher als bei der um 12.11 Uhr erfolgten Blutentnahme. In Bezug auf die Höhe der THC-Konzentration ist aber zu berücksichtigen, dass die Autofahrt des Klägers am 11.02.2005 bereits um 9.00 Uhr begonnen hatte. Danach war die Konzentration während der für die Frage des Trennungsvermögens maßgeblichen Tätigkeit, dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter der berauschenden Wirkung von THC, wesentlich höher als es das Ergebnis der um 12.11 Uhr entnommenen Blutprobe ausweist. Eine auf den Beginn der Autofahrt bezogene Rückrechnung der THC-Konzentration, so dass sich die Frage des Nachweises des fehlenden Trennungsvermögens bei einer THC-Konzentration von unter 2 ng/ml nicht stellte, ist aber nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht möglich (Drasch/v. Meyer/Roider/Jägerhuber, Blutalkohol 2003, 269, 285).
Der Kläger hat geltend gemacht, hinsichtlich der durch die Untersuchung seiner Blutprobe festgestellten THC-Konzentration von 2,1 ng/ml sei von einer Messwertungenauigkeit von bis zu 40 % auszugehen. Dann wäre eine THC-Konzentration von zumindest 1,26 ng/ml anzunehmen. Unter Berufung auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.01.2006 (-11 CS 05.1711 -, DAR 2006, 407; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 11.11.2004 - 11 CS 04.2348 -, SVR 2004, 152) trägt der Kläger ferner vor, bei einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml sei nicht von einem signifikant erhöhten Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch negative Auswirkungen des Cannabiskonsums auf den betroffenen Fahrerlaubnisinhaber auszugehen, so dass die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis ausscheide und nur die Verpflichtung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach 14 Abs. 1 Satz 4 FeV in Betracht komme.
Dieser Argumentation kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden, so dass auch bei einer Autofahrt mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml im Blut wegen der dann eingeschränkten Fahrtüchtigkeit das fehlende Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung als gegeben anzusehen ist (vgl. z. B. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2005 - 3 Bs 214/05 -, NJW 2006, 1367) und bei einem festgestellten gelegentlichen Cannabiskonsum die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -, VRS 108, 157; v. 27.03.2006 - 10 S 2519/06 -, NJW 2006, 2135; v. 30.01.2007 - 10 S 2985/06 -).
aa) Zunächst ist davon auszugehen, dass bereits bei einer THC-Konzentration von über 1 ng/ml eine signifikante Beeinträchtigung der fahreignungsrelevanten Eigenschaften des Fahrzeugführers gegeben ist. Diesen Wert haben auch die Grenzwertkommission (Beschl. v. 20.11.2002 zu 24a StVG) und auch das Bundesverfassungsgericht (2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 21.12.2004 - 1 BvR 2652/03 -, NJW 2004, 349, 351) zugrunde gelegt. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen sprechen gegen die Annahme, bei einer THC-Konzentration von unter 2 ng/ml eines Kraftfahrzeugführers sei noch nicht von einer signifikanten Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die negativen Auswirkungen des Cannabiskonsums auf den Betroffenen auszugehen. Maßgeblich kann damit nicht die vom Kläger angeführte Studie "Cannabis und Fahrsicherheit" (Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen, M 171, S. 45 ff.) sein, wonach erst bei einer THC-Konzentration von 3 ng/ml im Serum Leistungsdefizite nachweisbar seien.
(1) Im Rahmen einer an der Universität Maastricht mit 20 gelegentlichen Konsumenten von Cannabis durchgeführten Studie wurden - weltweit erstmals - über sechs Stunden hinweg Blut- und Speichelproben analysiert und zeitgleich Tests zur Überprüfung der Feinmotorik, der Impulskontrolle und der kognitiven Leistungen vorgenommen. Die THC-Konzentrationen im Blut lagen sechs Stunden nach der Einnahme sowohl bei einer niedrigen THC-Dosis von 0,25 mg/kg Körpergewicht als auch bei einer hohen THC-Dosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht (ca. 17 und 36 mg THC pro Joint) im Mittel unter 1 ng/ml. Zumindest die feinmotorischen Leistungen ("Critical Tracking Test") blieben nahezu über den gesamten Zeitraum von sechs Stunden beeinträchtigt (vgl. M. Möller, Straßenverkehr und Grenzwerte für Drogen aus forensisch-toxikologischer Sicht, Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV 2005, Deutscher Anwaltsverlag, S. 109, 117 ff.; Möller u.a, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 2006, 361, 368, Abb. 5, Vergleich mit den Placebowerten der jeweiligen Teilnehmer). Damit erscheinen im Sinne der Forderung des Bundesverfassungsgerichts zu 24a Abs. 2 StVG (Beschl. v. 21.12.2004 - 1 BvR 2652/03 -, NJW 2005, 349) Einschränkungen der fahreignungsrelevanten Eigenschaften bei einer THC-Konzentration von unter 2 ng/ml zumindest als möglich.
(2) Der Senat hat im Berufungsverfahren auch auf die Untersuchung von Drasch/v. Meyer/Roider/Staack/Paul/ Eisenmenger, Unfälle und reale Gefährdungen des Straßenverkehrs unter Cannabis-Wirkung (Blutalkohol 2006, 441-450) hingewiesen. Bei der Auswertung von Blutproben in - insgesamt 135 - Verfahren (sog. Unfallgruppe), die mit einer rechtkräftigen Verurteilung wegen eines allein cannabis-bedingten Unfalls (nach 315c oder 316 StGB) geendet hatten, haben die Gutachter festgestellt, dass auch bei einer THC-Konzentration von unter 1 ng/ml von einer die Fahrtüchtigkeit einschränkenden Wirkung des Cannabiskonsums auszugehen ist und daher eine abstrakte Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinne des 24a StVG besteht. Bei 8,1 % der in der Unfallgruppe zusammengefassten Vorfälle, die zu Unfällen/Gefähr-dungen geführt hatten, lag die THC-Konzentration unter 1 ng/ml. Auch wurde nachgewiesen, dass die relativen Häufigkeiten einer realen Gefährdung des Straßenverkehrs im Bereich einer THC-Konzentration unter 1 ng/ml (2,0 % aller untersuchten Blutproben) und einer solchen ab 1 ng/ml (2,1 % aller untersuchten Blutproben) fast identisch sind. Gerade im Hinblick auf die von einigen Obergerichten (z. B. BayVGH, Beschl. v. 11.11.2004 - 11 CS 04.2348 -, SVR 2004, 152; Beschl. v. 25.01.2006 - 11 CS 05.1711 -, DAR 2006, 407) angenommene Grenze einer THC-Konzentration von 2 ng/ml, ab der erst eine Beeinträchtigung der fahreignungsrelevanten Eigenschaften anzunehmen sei, wird ausgeführt, dass in ca. 31 % der Fälle, in denen die Fahrerlaubnisinhaber wegen eines ausschließlich cannabis-bedingten Unfalls verurteilt worden sind, die THC-Konzentration unter dem Wert von 2 ng/ml gelegen habe. Auch haben die Autoren der Studie hervorgehoben, dass die Unfall-/Gefähr-dungshäufigkeit in der späteren Phase der Cannabiswirkung signifikant höher ist als im akuten Rauschzustand.
bb) Überlegungen zu einer bestimmten THC-Konzentration im Blut des Fahrzeugführers, ab der seine fahreignungsrelevanten Eigenschaften beeinträchtigt sind oder sein können, machen im Hinblick auf das Zusatzmerkmal des fehlenden Trennungsvermögens ohnehin nur Sinn, wenn der Betreffende in Hinblick auf diesen Gesichtspunkt darauf verweisen kann, am öffentlichen Straßenverkehr bewusst erst teilgenommen zu haben, nachdem die THC-Konzentration in seinem Blut unter diesen bestimmten Wert gesunken ist. Nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Forschung ist aber in Bezug auf THC eine exakte Rückrechnung vergleichbar der Vorgehensweise bei der Bestimmung der Blutalkohol-Konzentration (z.B. BGH, Beschl. v. 17.11.1999 - 3 StR 4338/99 -, Blutalkohol 2000, 188) wegen der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dem psychoaktiv wirkenden Stoff THC und seinen Metaboliten nicht möglich (Drasch/v. Meyer/Roider/ Jägerhuber, Blutalkohol 2003, 269, 285). Damit ist dem Betroffenen, dem ohnehin die exakte konsumierte Betäubungsmittelmenge unbekannt ist, die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem die THC-Konzentration in seinem Blut einen bestimmten Wert unterschreitet, erst recht nicht möglich. Die unzureichende Bereitschaft, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit abzusehen, ist dem Bereich der charakterlich-sittlichen Mängel zuzuordnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, Rn. 49). Ein ausreichendes Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt, ist nur gegeben, wenn der Konsument Fahren und Konsum in jedem Fall in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. Senatsbeschl. v. 27.11.2003 - 10 S 1789/03 -; v. 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -; v. 18.12.2003 - 10 S 2672/03 -). Ein Fahrerlaubnisinhaber, bei dem in einer im Anschluss an eine Autofahrt entnommenen Blutprobe THC jedenfalls in einer Konzentration von mindestens 1 ng/ml festgestellt wird, hat aber nach einem bewussten Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er, wie gerade das Ergebnis der Blutprobe beweist, nicht sicher sein konnte, dass in seinem Blut die psychoaktiv wirkende Substanz THC nicht mehr in relevantem Umfang vorhanden ist. Damit hat sich dieser Fahrerlaubnisinhaber als charakterlich ungeeignet erwiesen, weil er bei der Fahrt das Risiko eingegangen ist, dass seine Fahreignung noch infolge des Konsums von Cannabis - durch das Vorhandensein von THC in seinem Blut - beeinträchtigt ist. Wie oben dargelegt, kann er nicht geltend machen, er könne die Wirkungen seines Cannabiskonsums so genau ein- und abschätzen, dass er nur dann ein Auto führe, wenn die THC-Konzentration unter eine bestimmte Konzentrationsgrenze gefallen sei. Nach Ansicht des Senats kann die bei einem festgestellten gelegentlichen Cannabiskonsum für die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgebliche Entscheidung über das Bestehen eines ausreichenden Trennungsvermögens (Vorliegen, Nichtvorliegen oder durch ein Gutachten zu klärende Zweifel) nicht von der vom Konsumenten nicht festzustellenden - zufälligen - Höhe der THC-Konzentration zum Zeitpunkt der der Autofahrt nachfolgenden Probenentnahme abhängig gemacht werden. Der gelegentliche Cannabiskonsument kann jedenfalls mangels Kenntnis der genauen THC-Konzentration in seinem Blut sein Verhalten (Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeugs) nicht nach diesem Wert ausgerichtet haben.
Die Gegenansicht (z. B. BayVGH, Beschl. v. 25.01.2006 - 11 CS 05.1711 -, DAR 2006, 407) lehnt die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis ab und sieht die auf 14 Abs. 1 Satz 4 FeV gestützte Verpflichtung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vor. Es stellt sich aber die Frage, welcher Aspekt mit Hilfe dieses Gutachtens geklärt werden soll. Dass der Betreffende Cannabis konsumiert, steht fest. Dass er ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, obwohl in seinem Blut noch der psychoaktiv wirksame Stoff Tetrahydrocannabinol nachweisbar vorhanden ist, ist ebenfalls durch die Autofahrt mit einer höheren THC-Konzentration als 1,0 ng/ml belegt. Nach diesem Ansatz müsste geklärt werden, ob gewährleistet ist, dass der Betroffene zukünftig nach einem Konsum von Cannabis erst dann ein Kraftfahrzeug führt, wenn die THC-Konzentration in seinem Blut unter einen bestimmten Wert gesunken ist. Diese Frage kann aber durch ein Untersuchungsgespräch nicht geklärt werden, weil dem Konsumenten der Verlauf der THC-Konzentration in seinem Blut nicht bekannt ist und sich die Konzentration auch nicht berechnen lässt. Die Feststellung der Konzentration von THC im Blut zu einem bestimmten Zeitpunkt kann nur durch die Untersuchung einer Blutprobe erfolgen. Dass der jeweilige Konsument die THC-Konzentration nicht berechnen kann, liegt nicht nur an den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dem THC und seinen Metaboliten, sondern auch daran, dass dem Konsumenten von Cannabis - anders als z. B. beim Alkohol - der Wirkstoffgehalt des konsumierten Betäubungsmittels unbekannt ist.
b) Die Fahrungeeignetheit des Klägers kann ergänzend auch auf Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung gestützt werden. Denn gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten, darunter dem Zeugen D., hat der Kläger am 11.02.2005 eingeräumt, seit ca. "einem halben bis dreiviertel Jahr nahezu täglich Cannabis" konsumiert zu haben.
Die Überzeugung des Senats, dass der Kläger diese Konsumhäufigkeit tatsächlich anlässlich der Polizeikontrolle vom 11.02.2005 eingeräumt hat, ergibt sich zunächst daraus, dass diese Aussage in dem vom Zeugen D. ausgefüllten Formblatt "Polizeilicher Bericht Drogen" wiedergegeben ist. Für den Senat besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieses Vermerks zu zweifeln. Es ist kein Anhaltspunkt für die Annahme ersichtlich, der Zeuge D. habe durch eine unrichtige Wiedergabe einer Äußerung dem ihm nicht näher bekannten Kläger einen Nachteil zufügen wollen. Dass sich der Zeuge D. in der mündlichen Verhandlung nicht mehr an den Kläger und die Kontrolle vom 11.02.2005 erinnern konnte, macht seine sonstigen Bekundungen in der Berufungsverhandlung nicht unglaubhaft. Denn der Zeuge D. ist als Polizeibeamter tagtäglich mit vergleichbaren Verkehrs- und Personenkontrollen befasst, so dass das Verblassen der Erinnerung an die bereits 2 Jahre zurückliegende Kontrolle des Klägers für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar ist. Andererseits hat der Zeuge glaubhaft ausgesagt, dass die Kontrollen stets durch zwei Beamte durchgeführt und sämtliche Aussagen, die der Betroffene aus Anlass der Kontrolle nach Belehrung gegenüber einem der beiden Polizeibeamten gemacht hat, von demjenigen Beamten im Polizeibericht vermerkt werden, der in dieser Kontrollgruppe mit dem Ausfüllen des Formblatts "Polizeilicher Bericht Drogen" betraut ist. Dies gilt insbesondere für solche Angaben, die der betroffene Autofahrer nach Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht hinsichtlich seines Konsums von Betäubungsmitteln macht. Der Zeuge D. hat auch für den Senat nachvollziehbar ausgeschlossen, dass der Kläger die im Polizeibericht festgehaltene Aussage zur Häufigkeit seines Konsums erst gegenüber dem Arzt gemacht hat, der die Blutprobe entnommen hat. Denn dann hätte, so der Zeuge D., der Arzt diese Aussage in seinem eigenen Protokoll vermerkt. Zudem ist nach Aussage des Zeugen D. der polizeiliche Bericht regelmäßig bis zum Eintreffen des Arztes bereits fertig gestellt, weil dieser erst von der Polizei telefonisch angefordert werden muss. Für die Richtigkeit des Vermerk im Polizeibericht vom 11.02.2005 spricht schließlich, dass es der Kläger auf entsprechende Frage des Senats in der Berufungsverhandlung nicht ausgeschlossen hat, seine Konsumhäufigkeit im Rahmen der Verkehrskontrolle vom 11.02.2005 gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten wie im Polizeibericht vermerkt beschrieben zu haben. Hätte der Kläger die im Polizeibericht vom 11.02.2005 festgehaltene Aussage zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums tatsächlich nicht gemacht, so hätte es sich aufgedrängt, dass der während des gesamten Verwaltungsverfahrens anwaltlich vertretene Kläger diese Aussage beständig und nachhaltig bestreitet. Dies ist aber erst im Berufungsverfahren erfolgt, nachdem der Senat im Beschluss über die Zulassung der Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Entziehungsverfügung auch auf die Aussage des Klägers zur Häufigkeit der Einnahme von Cannabis gestützt werden kann. Schließlich sind auch die abweichenden - den eigenen Konsum verharmlosenden - Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung zu seinem damaligen Cannabiskonsum, die naturgemäß durch seine Interessenlage im gerichtlichen Verfahren geprägt sind, unglaubhaft. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck zu erwecken versucht, in dem fraglichen Zeitraum (Ende 2004/ Anfang 2005) lediglich am Wochenende Cannabis konsumiert zu haben. Diesen Angaben steht aber bereits die Äußerung zum Cannabiskonsum in der Woche des 11.02.2005 entgegen. Der 11.02.2005 war ein Freitag. Nach seinen Einlassungen in der Berufungsverhandlung hat der Kläger aber auch am 10.02.2005, einem Donnerstag, Cannabis (1 Joints), geraucht. Damit erweist sich aber seine Angabe, nur am Wochenende konsumiert zu haben, als unzutreffend.
aa) Maßgeblich für die Bestimmung des Begriffs des regelmäßigen Cannabiskonsums ist die Systematik der Fahrerlaubnis-Verordnung. Wie die Gegenüberstellung von Nr. 9.2.1 und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zeigt, ist der Verordnungsgeber davon ausgegangen, dass der regelmäßige Cannabiskonsum - im Gegensatz zum nur gelegentlichen Konsum - auch ohne das Hinzutreten weiterer fahreignungsrelevanter Gesichtspunkte, wie z. B. der konkrete Beleg des fehlenden Trennungsvermögens durch eine Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von THC oder der konkrete Nachweis des Parallelkonsums von Cannabis und Alkohol, regelmäßig die Annahme der Fahrungeeignetheit des Betreffenden begründet. Dementsprechend ist mit "regelmäßige Einnahme" im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ein Konsum gemeint, der nach wissenschaftlichem Kenntnisstand als solcher und ohne das Hinzutreten weiterer Umstände im Regelfall die Fahreignung ausschließt. Nach den vorliegenden verkehrswissenschaftlichen Gutachten (Berghaus, Gutachten in den Verfahren des BVerfG - 1 BvR 2062/98 und 1 BvR 1143/98 -; Kannheiser, Gutachten v. 26.03.1999 im Verfahren BayVGH - 11 B 98.1093 -; ders., NZV 2000, 57 ff.; Bundesanstalt für Straßenwesen, Expertengespräch vom 18.03.1998 zum Thema "Fahreignung bei chronischem Cannabiskonsum", Protokoll über das Expertengespräch, Bundesanstalt für Straßenwesen, S. 9) hat der Cannabiskonsum nur dann diese Folgen, wenn er täglich oder nahezu täglich erfolgt (Senatsbeschl. v. 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -, DAR 2003, 481 = VBlBW 2003, 397; v. 16.06.2003 - 10 S 430/03 -, NJW 2003, 3004; Beschl. v. 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, DAR 2004, 170; BayVGH, Beschl. v. 03.09.2002 - 11 CS 02.1082 -, Blutalkohol 2004, 97; Beschl. v. 07.12.2006 - 11 CS 06.1350 -, juris, Rn. 25; OVG NW, Beschl. v. 07.01.2003 - 19 B 1249/02 -, DAR 2003, 187, 188). Bei dieser Konsumhäufigkeit besteht unabhängig von einem aktuellen Konsum die Möglichkeit einer ständigen Beeinträchtigung der für die Verkehrssicherheit bedeutsamen Fähigkeiten wie die Aufmerksamkeitsleistung, die Verarbeitungsgeschwindigkeit und das Kurzzeitgedächtnis. Ebenso kann eine verkehrsrelevante Veränderung der Persönlichkeit des Betroffenen eintreten, weil die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich überindividuellen Regeln und Normen anzupassen, beeinträchtigt und zudem die für das Führen eines Kraftfahrzeugs erforderliche Aktivierung, Wachheit, Aufmerksamkeit und Konzentration sowie die Bereitschaft, die Anforderungen und Risiken des Straßenverkehrs ernst zu nehmen, gemindert sein können. Ebenso wie bei Gewohnheitstrinkern sinken bei regelmäßigen Konsumenten von Cannabis wegen zunehmender Konsum- bzw. Fahranreizsituationen und der Verstärkung durch nicht entdeckte Fahrten die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Fahren verkehrsgefährlich ab.
Auf den Cannabiskonsum zurückzuführende Langzeitschäden körperlicher oder psychischer Art (z. B. amotivationales Syndrom) treten nach dem Gutachten von Kannheiser bei regelmäßigen Konsumenten frühestens bei einer Konsumdauer von einem Jahr auf (NVwZ 2000, 57, 60 ff.; zusammengefasst auch in BayVGH, Beschl. v. 07.12.2006 - 11 CS 06.1350 - und v. 18.10.1999 - 11 CS 99.617 -; Beeinträchtigung der kognitiven Eigenschaften eines Konsumenten). Das Vorliegen solcher Langzeitschäden ist aber nicht Voraussetzung für die Annahme der Fahrungeeignetheit wegen regelmäßigen Cannabiskonsums nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, die nach der Norm gerade nicht von einer bestimmten Dauer eines solchen Konsums abhängig ist. Auch ohne solche Langzeitschäden ist bei einer täglichen oder nahezu täglichen Einnahme die Bereitschaft oder die Fähigkeit des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers, die Einnahme von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, - aus Sicht der Verkehrssicherheit nicht mehr hinnehmbar - eingeschränkt, ohne dass dies durch eine konkrete Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von THC nachgewiesen sein muss. So wird z. B. das subjektive Intoxikationsempfinden wegen einer sich herausbildenden Toleranz gegenüber den Wirkungen von THC nicht mehr so ausgeprägt mit der Folge, dass der Konsument tatsächlich beeinträchtigende Drogenwirkungen nicht mehr wahrnimmt oder sie unterschätzt. Zudem nimmt analog zum Verhalten von Gewohnheitstrinkern die individuelle Kontrolle des Cannabiskonsums ab, Konsum- und Fahranreizsituationen nehmen dagegen zu. Nicht entdeckte Fahrten unter der Wirkung von Cannabis stellen einen starken Anreiz zu weiteren solchen Fahrten dar. Nach Studien ist der Cannabiskonsum auch häufig Teil eines polyvalenten Konsums. Diese Aufnahme weiterer Drogen (wie z. B. LSD, Kokain oder Amphetamine) in Verbindung mit Cannabis setzt auch das Trennungsvermögen des Betroffenen weiter herab (vgl. Kannheiser, NZV 2000, 57, 65 ff.).
Danach begründet der vom Kläger für einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten vor der Polizeikontrolle vom 11.02.2005 eingeräumte "tägliche oder nahezu tägliche Cannabiskonsum" die Annahme seiner Fahrungeeignetheit im Sinne von 46 Abs. 1 FeV. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass in der Blutprobe lediglich eine THC-COOH-Konzentration von 14,2 ng/ml nachweisbar war. Der Kläger kann sich für seine Rechtsansicht nicht auf die Studie von Daldrup u.a. (Blutalkohol 2000, 39, 40 ff.) berufen. Die Annahme eines regelmäßigen Konsums im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung schließt es nicht aus, dass der Betreffende in einem überschaubaren Zeitraum den Konsum so stark reduziert hat, dass nur noch eine THC-COOH-Konzentration von 14,2 ng/ml feststellbar ist, ohne dass die oben dargelegten Fahreignungsmängel, die die Annahme der Fahrungeeignetheit begründen, allein wegen der vorübergehenden Reduzierung des Konsums bereits beseitigt sind. Im Übrigen gehen auch die Gutachter (Blutalkohol 2000, S. 39, 41) davon aus, dass bei einer THC-COOH-Konzentration zwischen 5 und 75 ng/ml zumindest der Verdacht auf regelmäßigen Cannabiskonsum gegeben ist, wenn zusätzliche Auffälligkeiten gegeben sind, wie etwa - wie hier - das fehlende Trennungsvermögen zwischen Konsum und Fahren.
bb) Dass die Beklagte die Entziehungsverfügung nicht auf den Umstand des regelmäßigen Konsums von Cannabis gestützt hat, schließt es für das Gericht nicht aus, diesen Umstand zur Begründung der Verfügung heranzuziehen. 39 Abs. 1 LVwVfG regelt lediglich ein formelles Erfordernis. Diesem ist bereits genügt, wenn die Behörde in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilt, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Für die Beachtung des 39 Abs. 1 LVwVfG ist es unerheblich, ob die gegebene Begründung inhaltlich zutrifft. Die sachliche Richtigkeit der von der Behörde gegebenen Begründung betrifft nicht die formelle, sondern die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., 39, Rn. 9 und 21). Für die Entscheidung nach 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist maßgeblich, ob der Verwaltungsakt verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen und/oder inhaltlich mit höherrangigem Recht unvereinbar ist. Die von der Behörde gegebene Begründung ( 39 Abs. 1 LVwVfG) begrenzt das Gericht nicht in seiner umfassenden Prüfung, ob der angegriffene Bescheid im genannten Sinne rechtmäßig ist. Dabei hat das Gericht, weil es nach 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur auf die Vereinbarkeit der Verfügung mit der Rechtsordnung ankommt, von Amts wegen auch Umstände zu berücksichtigen, die die Behörde bei ihrer Begründung nicht herangezogen hat, die aber zur Rechtmäßigkeit des Bescheids führen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.08.1988 - 8 C 29.87 -, BVerwGE 80, 96; J. Schmidt, Eyermann, VwGO, 113, Rn. 17 und 22 m.w.Nachw.; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 113, Rn. 21 m.w.Nachw.; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., 113, Rn. 77). Die - grundsätzlich zulässige - Stützung der Verfügung auch auf Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bewirkt auch keine Änderung des Tenors des Bescheids ("Entziehung der Fahrerlaubnis"), so dass sich auch nicht die Frage einer etwaigen Umdeutung stellt (vgl. dazu wiederum BVerwG, Urt. v. 19.08.1988 - 8 C 29.87 -, BVerwGE 80, 96). Rechtliches Gehör ist dem Kläger gewährt worden. Denn bereits im Zulassungsbeschluss vom 31.05.2007 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Entziehungsverfügung unter Umständen auch auf den regelmäßigen Cannabiskonsum gestützt werden kann.
Dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil die Entziehungsverfügung nicht auf die regelmäßige Einnahme von Cannabis gestützt ist, ist von vornherein rechtlich unerheblich.
2)
Auch die in der Entscheidung der Beklagten vom 08.07.2005 ausgesprochene Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins bis zum 18.07.2005 und die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs für den Fall seiner nicht fristgerechten Ablieferung (Ziff. 2) sind rechtmäßig. Die zur Entziehung der Fahrerlaubnis ermächtigenden Bestimmungen ( 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und 46 Abs. 1 FeV) sind so auszulegen, dass sie die Fahrerlaubnisbehörde auch berechtigen, dem Betroffenen die Ablieferung des Führerscheins aufzuerlegen (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2004 - 10 S 475/04 -, v. 01.03.2005 - 10 S 2423/04 -). Wie 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und 47 FeV zu entnehmen ist, die lediglich öffentlich-rechtliche Verhaltenspflichten normieren, aber keine Ermächtigungsgrundlagen darstellen, ging es dem Normgeber jeweils darum sicherzustellen, dass die von der Behörde verfügte Fahrerlaubnisentziehung wegen der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer umgehend verwirklicht wird und der Betreffende auch nicht mehr - durch den Führerschein vermeintlich legitimiert - am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen kann. Durch die Anordnung des Sofortvollzugs (Ziff. 3 der Entscheidung) war die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins auch entsprechend 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar, so dass die Beklagte ein Zwangsmittel androhen konnte. Auch im Übrigen begegnet die Androhung des unmittelbaren Zwangs keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 154 Abs. 2 VwGO
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ( 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
Entziehung der Fahrerlaubnis, EU-Führerscheins und
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss vom 22.02.2007
Az.: 11 CS 06.1644
Vorinstanz: VG Ansbach - Az.: AN 10 S 06.801
In der Verwaltungsstreitsache wegen Entziehung der Fahrerlaubnis erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 11. Senat ohne mündliche Verhandlung am 22. 02. 2007 folgenden Beschluss:
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22.05.2006 wird in den Nummern 1 und 2 abgeändert.
II. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nummern 1 und 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 26.01.2006 wird wiederhergestellt.
III. Dem Antragsteller wird aufgegeben, der Antragsgegnerin
1. innerhalb von zwei Monaten ab der Zustellung dieses Beschlusses an seine Bevollmächtigten einen schriftlichen Nachweis darüber vorzulegen, dass der Träger eines nach 70 FeV anerkannten Kurses für alkoholauffällige Kraftfahrer ihm die Teilnahme an einem solchen Kurs ermöglicht hat, und wann dieser Kurs beendet sein wird;
2. innerhalb einer Woche nach dem im vorstehenden Nachweis genannten Endzeitpunkt des Kurses eine schriftliche Bescheinigung über seine Teilnahme an diesem Kurs vorzulegen, die allen Anforderungen des 11 Abs. 11 FeV genügt.
IV. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
V. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen zu einem Zehntel dem Antragsteller, zu neun Zehnteln der Antragsgegnerin zur Last.
VI. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin erteilte dem am 11.05.1965 geborenen Antragsteller nach Aktenlage zuletzt am 12.12.1989 eine Fahrerlaubnis. Diese wurde ihm am 29.08.1992 durch das Amtsgericht Ansbach entzogen.
Durch rechtskräftig gewordene Entscheidung vom 23.06.2003 verhängte das gleiche Gericht gegen den Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Damit wurde geahndet, dass der Antragsteller am 09.05.2003 gegen 1.30 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,13 ein Fahrrad im Straßenverkehr geführt hatte.
Am 24.06.2005 wurde dem Antragsteller in Tschechien eine Fahrerlaubnis der Klasse B ausgestellt.
Mit Schreiben vom 07.09.2005 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller unter Hinweis auf den Vorfall am 9.05.2003 auf, das Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Der Antragsteller führte hierzu am 22.09.2005 aus, er betrachte diese Maßnahme als mit europäischem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Aus "rein praktischen Erwägungen" und ohne Aufgabe seines Rechtsstandpunkts sei er jedoch bereit, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen.
Mit Schreiben vom 27.12.2005 übersandte der Antragsteller der Antragsgegnerin ein Fahreignungsgutachten, das ein medizinisch-psychologisches Institut am 7.12.2005 über ihn erstellt hatte. Diese Ausarbeitung gelangte zu dem Ergebnis, es sei zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Die Teilnahme an einem evaluierten Kurs für alkoholauffällige Kraftfahrer sei nicht angezeigt, da der Antragsteller derzeit nicht alkoholfrei lebe und die Trennung von Trinken und Fahren sowie ein kontrolliertes Trinken für ihn auf absehbare Zeit nicht erreichbare Verhaltensziele darstellen würden.
Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 26.01.2006 erkannte die Antragsgegnerin dem Antragsteller das Recht ab, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (Nr. 1 des Bescheidstenors), und gab ihm auf, seinen Führerschein innerhalb von drei Tagen nach dem Zugang des Bescheids der Antragsgegnerin zur Eintragung der Entziehung vorzulegen (Nr. 2 des Tenors). Zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung berief sich die Antragsgegnerin auf den Vorfall am 09.05.2003 und das Gutachten vom 07.12.2005.
Über den Widerspruch, den der Antragsteller am 28.02.2006 gegen diesen Bescheid eingelegt hat, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.
Den Antrag, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsbehelfs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 26.01.2006 wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach durch Beschluss vom 22.05.2006, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, ab.
Mit der gegen die Sach- und die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, unter Abänderung des Beschlusses vom 22.05.2006 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.01.2006 anzuordnen. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 06.04.2006 (ZfS 2006, 416) bestätige, dass die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten erstellen zu lassen, gemeinschaftsrechtswidrig gewesen sei. Das von ihm gleichwohl beigebrachte Gutachten sei zum einen deshalb unverwertbar, weil die Vorlage unter Protest erfolgt und das Gutachten nicht zur uneingeschränkten Verwertung weitergegeben worden sei. Zum anderen würde durch eine Verwertung des Gutachtens die gemeinschaftsrechtswidrige Maßnahme, aufgrund derer das Gutachten zu den Akten gelangt sei, perpetuiert. Angesichts des Beschlusses vom 06.04.2006 (a.a.O.) könne die Rechtsmeinung, ein zu Unrecht angefordertes Gutachten sei gleichwohl verwertbar, nicht aufrechterhalten bleiben. Das gelte umso mehr, als der Adressat einer solchen Anordnung hiergegen keinen effektiven Rechtsschutz erlangen könne. Bereits im Beschluss vom 19.05.1994 (Az. 1 BvR 322/94) habe das Bundesverfassungsgericht ansatzweise die Notwendigkeit erkannt, für Aufforderungen, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, eine Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen. Während die Anordnung, an einem Aufbauseminar teilzunehmen, als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt behandelt werde, könnten Rechtsverletzungen, die in der Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens lägen, auch dann oft erst nach mehrjähriger Verfahrensdauer behoben werden, wenn sie mit einer existenzvernichtenden Wirkung einhergingen. Wäre das Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. September 2005 als Verwaltungsakt qualifiziert und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden, wäre der Antragsteller, wie sein damaliger Hinweis auf die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme zeige, gegen dieses Schreiben unmittelbar vorgegangen. Da es sich zweifelsfrei als rechtswidrig erwiesen hätte, hätte er während der gesamten Verfahrensdauer die Möglichkeit besessen, von seiner EU-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Die Versagung des nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Rechtsschutzes müsse vorliegend dazu führen, dass das beigebrachte Gutachten einem Verwertungsverbot unterliege. Dafür spreche auch, dass der psychologische Teil eines Gutachtens der vorliegenden Art rechtlich kaum überprüfbar sei. Das Gutachten vom 07.12.2005 sei zum einen deshalb mängelbehaftet, weil es durch die Berücksichtigung einer nicht mehr verwertbaren Tat (nämlich einer vom Antragsteller gegenüber der Begutachtungsstelle erwähnten, seiner Darstellung zufolge ca. zwölf Jahre zurückliegenden Trunkenheitsfahrt) erheblich beeinflusst worden sei. Zum anderen seien die Aussagen, auf die sich die im Gutachten angestellte Prognose stütze, nicht durch das "Prinzip der diagnostischen Mehrfachsicherung" untermauert worden. Auch bedürfe es einer individuellen Prognose; ein reines Abstellen auf die statistische Rückfallwahrscheinlichkeit reiche nicht aus. Zudem sei das Gutachten nur zu dem Ergebnis gelangt, in der Person des Antragstellers bestünden Eignungszweifel, ohne dass seine Nichteignung erwiesen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Wegen ihrer Sicht der Sach- und Rechtslage wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 11.07.2006 Bezug genommen.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19.09.2006 machte der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. Juli 2005 (NJW 2006, 2793) geltend, das Gutachten vom 07.12.2005 sei auch deshalb mangelhaft, weil seine Kraftfahreignung darin von einer konsequent alkoholfreien Lebensführung abhängig gemacht werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des anhängigen Widerspruchs gemäß 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO mit einer Auflage zu verbinden war. Auch wenn die durch den Rechtsfall aufgeworfenen gemeinschaftsrechtlichen Fragen noch nicht ausnahmslos geklärt sind, so sprechen doch gewichtige Gründe dafür, dass der streitgegenständliche Bescheid der Nachprüfung in einem Hauptsacheverfahren nicht standhalten könnte. Eine von dieser Erfolgsprognose unabhängige Interessenabwägung lässt es ebenfalls angezeigt erscheinen, vorliegend dem Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen Geltung zu verschaffen, wobei es jedoch angezeigt erscheint, Vorkehrungen zu ergreifen, um das von einer motorisierten Verkehrsteilnahme des Antragstellers ausgehende Risiko möglichst gering zu halten.
Da der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung nach 80 Abs. 5 VwGO gemäß 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, mussten die Darlegungen im Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19.09.2006 außer Betracht bleiben; denn sie sind hier erst nach dem Ablauf der Einmonatsfrist des 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingegangen. Da der Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht geltend gemacht hat, von ihm dürfe keine konsequent alkoholfreie Lebensführung verlangt werden, und seine ggf. bestehende Alkoholgewöhnung erlaube nicht den Schluss auf die fehlende Fähigkeit, zwischen dem Führen von Kraftfahrzeugen und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher zu trennen, kann das Vorbringen im Schriftsatz vom 19.09.2006 nicht als - zulässige - Vertiefung eines bereits innerhalb offener Beschwerdebegründungsfrist erfolgten Vortrags verstanden werden. Die Angriffe gegen das Gutachten, wie sie sich auf Seite 4 der Beschwerdebegründungsschrift vom 23.06.2006 finden, sind zu allgemein gehalten, als dass sie dem Antragsteller das Recht verschaffen könnten, nach dem Ablauf der Frist des 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO noch derart spezifizierte neue Einwände vorzubringen.
Ebenfalls unberücksichtigt bleiben müssen die Darlegungen im ersten Rechtszug, auf die eingangs des Schriftsatzes vom 23.06.2006 Bezug genommen wird. Denn eine bloße Verweisung auf früheres Vorbringen genügt den Anforderungen des 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 11.4.2002 NVwZ-RR 2002, 797; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 13 c zu 146; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, Rn. 41 zu 146; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, Rn. 21 zu 146).
1. Die Einwände, die der Antragsteller gegen die Vereinbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids mit dem deutschen Fahrerlaubnisrecht in verfahrensrechtlich beachtlicher Weise vorgetragen hat, erweisen sich nicht als stichhaltig.
1.1 Das Gutachten vom 07.12.2005 ist nicht deshalb unverwertbar, weil der Antragsteller nach Erhalt des Aufforderungsschreibens vom 07.09.2005 zum Ausdruck gebracht hat, dass er das Verlangen der Behörde als rechtswidrig ansieht. Denn dessen ungeachtet ist er dieser Forderung nachgekommen. Hat sich der Betroffene jedoch einer angeordneten Begutachtung gestellt und liegt der Behörde das Gutachten vor, so ist das eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat; ihre Verwertbarkeit hängt nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung ab (BVerwG vom 19.03.1996 BayVBl 1997, 54). Erledigt sich aber die Anordnung, ein Fahrerlaubnisinhaber habe sich einer Überprüfung seiner Fahreignung zu unterziehen, mit der Vorlage des Überprüfungsergebnisses in der Weise, dass - jedenfalls aus der Sicht des nationalen Rechts - von da an nicht mehr davon gesprochen werden kann, die Behörde habe die darin enthaltenen Informationen rechtswidrig erlangt (vgl. BVerwG vom 18.03.1982 BVerwGE 65, 157/163), so steht auch eine Rechtsverwahrung, die der Betroffene nach dem Erhalt einer Begutachtungsaufforderung erklärt hat, der Verwertbarkeit des Gutachtens dann nicht entgegen, wenn es der Proband der Behörde zur Verfügung gestellt hat. Denn er hat die öffentliche Gewalt damit willentlich in die Lage versetzt, von den darin enthaltenen Informationen Kenntnis zu nehmen und aus ihnen Schlüsse zu ziehen. Die in der Beschwerdebegründungsschrift aufgestellte Behauptung, der Antragsteller habe das Gutachten vom 07.12.2005 "nicht zur uneingeschränkten Verwertung weitergegeben", findet in den tatsächlichen Gegebenheiten keine Stütze; das Schreiben vom 27.12.2005, mit dem er diese Ausarbeitung der Antragsgegnerin zuleitete, enthält keinen dahingehenden Vorbehalt.
1.2 Dahinstehen kann, ob es mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist, dass der Antragsteller nach dem gegenwärtigen Stand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht die Möglichkeit besaß, die Rechtmäßigkeit der Aufforderung vom 07.09.2005 sogleich einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Sollte das zu verneinen sein, so hätte dieser Umstand nicht zur Folge, dass das Gutachten vom 07.12.2005 unverwertbar wäre. Denn die maßgebliche Ursache dafür, dass diese Ausarbeitung heute der öffentlichen Gewalt zur Verfügung steht, bildet auch insoweit der Umstand, dass der Antragsteller das Gutachten - zudem im Wissen darum, dass es für ihn ungünstig ausgefallen ist - vorgelegt hat. Ein etwaiges Rechtsschutzdefizit, das sich aus der fehlenden Möglichkeit einer gesonderten gerichtlichen Überprüfbarkeit der Begutachtungsaufforderung ergibt, wäre damit für die Tatsache, dass der Inhalt des Gutachtens dem Antragsteller nunmehr entgegengehalten wird, nicht mehr unmittelbar kausal. Durch die Überlassung dieser Ausarbeitung an die Antragsgegnerin hat der Antragsteller darüber hinaus die Möglichkeit einer mittelbaren Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung vereitelt. Hätte er nämlich von der Vorlage abgesehen und hätte die Antragsgegnerin ihm daraufhin die Befugnis, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, gemäß 11 Abs. 8 FeV aberkannt, so hätte im Rahmen von Rechtsbehelfen des Antragstellers gegen diese Entscheidung geprüft werden müssen, ob die Gutachtensanforderung rechtmäßig war (vgl. zuletzt BVerwG vom 09.06.2005 Buchholz 442.10 2 StVG Nr. 12).
1.3 Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem eine nur summarische Überprüfung strittiger tatsächlicher Fragen ausreicht, muss davon ausgegangen werden, dass ein Rückgriff auf das Gutachten vom 07.12.2005 nicht deshalb zu unterbleiben hat, weil die darin enthaltene Aussage, beim Antragsteller bestehe nach wie vor eine Alkoholproblematik, von der er sich noch nicht ausreichend distanziert habe, ausdrücklich auch vor dem Hintergrund einer etwa zwölf Jahre zurückliegenden Trunkenheitsfahrt getroffen wurde (vgl. Seite 17 oben des Gutachtens). Denn der damalige Vorfall unterliegt nach den derzeit erkennbaren Umständen gegenwärtig noch keinem Verwertungsverbot.
Der Antragsteller hat im Rahmen des psychologischen Untersuchungsgesprächs angegeben, vor zwölf Jahren "im Allgäu" die Fahrerlaubnis "wegen Alkohols" verloren zu haben. Aus der Akte der Antragsgegnerin (Bl. 1) ergibt sich, dass ihm das Amtsgericht Ansbach am 29.08.1992 wegen einer Straftat nach 316 StGB die Fahrerlaubnis unter Festsetzung einer bis zum 28.02.1993 dauernden Sperrfrist für ihre Wiedererteilung entzogen hat. Sollte damit die vom Antragsteller erwähnte Trunkenheitsfahrt im Allgäu geahndet worden sein (nach 8 Abs. 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft Anklage auch vor dem Gericht erheben, in dessen Bezirk der Angeschuldigte seinen Wohnsitz hat), so wäre diese Tat noch verwertbar. Die Entscheidung vom 29.08.1992 war nach 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d und g StVZO in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung in das Verkehrszentralregister einzutragen. Unabhängig davon, ob diese Eintragung gemäß 13 a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a StVZO damaliger Fassung nach fünf oder gemäß 13 a Abs. 2 Nr. 3 StVZO damaliger Fassung nach zehn Jahren zu tilgen war, bleibt sie gemäß 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG i.V.m. 52 Abs. 2 BZRG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung für Zwecke eines auf Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Verfahrens über den Zeitpunkt ihrer Tilgung hinaus bis zu dem Tag verwertbar, der einer zehnjährigen Tilgungsfrist entspricht. Was einer zehnjährigen Tilgungsfrist "entspricht", ergibt sich aus 29 StVG n.F. einschließlich der Regelung über den Beginn der Tilgungsfrist in 29 Abs. 5 Satz 1 StVG (BVerwG vom 9.6.2005 Buchholz 442.10 2 StVG Nr. 11). Nach dieser Bestimmung beginnen Tilgungsfristen bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung erst mit deren Neuerteilung, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Da der Antragsteller nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben in Teil I der Gründe des Bescheids vom 26.01.2006 nach dem 29. August 1992 im Inland keine neue Fahrerlaubnis beantragt hat, wurde die Zehnjahresfrist des 65 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 StVG in seinem Fall nicht vor dem 30.08.1997 in Gang gesetzt; sie endet mithin mit dem Ablauf des 29.08.2007. Die am 29. August 1992 erfolgte Verurteilung (und die ihr zugrunde liegende Tat) unterliegen deshalb gegenwärtig noch keinem Verwertungsverbot. Erst recht wäre es noch berücksichtigungsfähig, sollte dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. 1993 und damit zwölf Jahre vor der 2005 durchgeführten psychologischen Untersuchung) wegen einer weiteren Trunkenheitsfahrt erneut entzogen worden sein.
1.4 Den Einwänden gegen die inhaltliche Aussagekraft des Gutachtens vom 07.12.2005, die der Antragsteller innerhalb offener Beschwerdebegründungsfrist vorgetragen hat, kann nicht gefolgt werden. Diese Ausarbeitung geht in Übereinstimmung mit der auch vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt vertretenen Auffassung (vgl. z.B. BayVGH vom 28.08.2006 Az. 11 C 05.2849; BayVGH vom 02.01.2007 Az. 11 CS 06.2968/11 C 06.2969/11 C 06.3150) davon aus, dass Blutalkoholwerte von über 1,3 mit einem sozialadäquaten Trinkverhalten keinesfalls vereinbar sind, sie vielmehr eine durch den häufigen Genuss großer Alkoholmengen erworbene gesteigerte Alkoholverträglichkeit voraussetzen (so auch NdsOVG vom 11.10.2005 ZfS 2006, 54/55), und dass Personen, die Blutalkoholwerte von mehr als ca. 1,6 erreichen, an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik leiden, der ein abnormes Trinkverhalten zugrunde liegt, bei dem sich der übermäßige Genuss von Alkohol über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckt haben muss und bei dem die physiologische Barriere - kein Abbruch des Konsums infolge Übelkeit oder Erbrechens - überschritten wurde (VGH BW vom 19.09.2005 DAR 2006, 32/36). Das vorliegend tätig gewordene medizinisch-psychologische Institut hat durch eingehende Befragung des Antragstellers versucht, Gewissheit darüber zu erlangen, inwieweit dieser allgemeine Erfahrungssatz auch bei ihm zutrifft; im Gutachten vom 7. Dezember 2005 wurde ausführlich dargelegt, dass und warum diese Frage zu bejahen ist. Den von der Begutachtungsstelle insoweit ins Feld geführten Gesichtspunkten (offensichtlich weiterhin hoher Alkoholkonsum bei ungenügender Reflexion dieses Verhaltens und der dafür maßgeblichen Ursachen) ist der Antragsteller innerhalb offener Beschwerdebegründungsfrist nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Ob sein Einwand, ein derartiges Trinkverhalten begründe lediglich Eignungszweifel, dann zuträfe, wenn er in der Vergangenheit nur als Fahrradfahrer in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand am Straßenverkehr teilgenommen hätte, kann dahinstehen, da angesichts der im Gutachten vom 07.12.2005 festgehaltenen Angaben des Antragstellers davon ausgegangen werden darf, dass die am 29.08.1992 geahndete Straftat mit einem Kraftfahrzeug begangen wurde. Er hat mithin innerhalb der rechtlich berücksichtigungsfähigen Zeitspanne bereits einmal gegen das Trennungsgebot im Sinne der Nummer 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verstoßen.
2. In hohem Grade zweifelhaft ist demgegenüber, ob der streitgegenständliche Bescheid im Hauptsacheverfahren der Nachprüfung anhand des einschlägigen Gemeinschaftsrechts standhalten wird.
Die gemeinschaftsrechtliche Lage ist dadurch gekennzeichnet, dass am 19. Januar 2007 die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18) in Kraft getreten ist (vgl. Art. 18 Satz 1 dieser Richtlinie). Gemäß Art. 17 dieser Richtlinie gilt daneben bis zum 19.01.2013 die Richtlinie 91/439/EWG (ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882/ 2003 vom 29.09.2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1), mit Ausnahme ihres Art. 2 Abs. 4 fort. Diese "Doppelbödigkeit" der gemeinschaftsrechtlichen Ausgangssituation ist vorliegend grundsätzlich zu beachten, da die Gerichte bei Entscheidungen nach 80 Abs. 5 VwGO von der im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung bestehenden Sach- und Rechtslage auszugehen haben. Da das nach Art. 15 Nr. 21 AGVwGO erforderliche Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und es in diesem Rahmen sowie in einem sich ggf. anschließenden Hauptsacherechtsstreit auf die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehenden Verhältnisse ankommt, wird die Richtlinie 2006/126/EG auch insoweit in die Betrachtung einzubeziehen sein.
Die für die Beurteilung der Gemeinschaftsrechtskonformität des Ausgangsbescheids maßgeblichen Bestimmungen dieser Richtlinie sind jedoch teils überhaupt noch nicht, teils jedenfalls auf Fallgestaltungen der hier inmitten stehenden Art nicht anwendbar. Ob die Richtlinie 91/439/EWG, die deshalb im Ergebnis als alleiniger Prüfungsmaßstab zur Verfügung steht, den Erlass eines Verwaltungsakts der vorliegenden Art zulässt, erscheint in hohem Maße zweifelhaft, auch wenn sich diese Möglichkeit gegenwärtig noch nicht mit letzter Sicherheit ausschließen lässt.
2.1 Die Richtlinie 2006/126/EG dient u. a. dem Zweck, den sog. Führerscheintourismus zu bekämpfen (vgl. Seite 6 der Begründung des Richtlinienvorschlags der Kommission vom 21.10.2003, Dok.-Nr. 2003/0252 (COD); Abschnitt 1.c des Berichts des Generalsekretariats des Rates für den Ausschuss der Ständigen Vertreter vom 20.09.2004, Dok.-Nr. 12294/04, S. 2; Seite 32 des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments vom 03.02.2005, Dok.-Nr. A6-0016/2005; Seite 1, Fußnote 1 des Berichts des Ausschusses der Ständigen Vertreter an den Rat der Europäischen Union vom 28.11.2005, Dok.-Nr. 14980/05; Seite 1, Fußnote 1 des Berichts des Vorsitzes des Rates der Europäischen Union für den Ausschuss der Ständigen Vertreter vom 10.03.2006, Dok.-Nr. 7192/06; Abschnitte 1 und 2.1 der Begründung zur Empfehlung des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments vom 27.11.2006, betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie über den Führerschein, Dok. Nr. A6-0414/2006, S. 9 f.). Unter "Führerscheintourismus" wird hierbei - in Übereinstimmung mit dem Sprachgebrauch, der sich insoweit in Deutschland herausgebildet hat - das Phänomen verstanden, dass Personen, denen die Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat (z.B. wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen) entzogen wurde, einen Scheinwohnsitz im Ausland begründen und dort eine Fahrerlaubnis erwerben, um damit die Voraussetzungen für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu unterlaufen (vgl. Seite 32 des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments vom 03.02.2005, a.a.O.). Da der Antragsteller nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben im Bescheid vom 26.01.2006 offenbar ununterbrochen mit Hauptwohnsitz im Gebiet der Antragsgegnerin angemeldet war, er ferner in der Zeile 8 auf der Vorderseite seines tschechischen Führerscheins als im Gebiet der Antragsgegnerin wohnhaft bezeichnet wird, und er gegenüber der Begutachtungsstelle für Fahreignung eingeräumt hat, die Fahrerlaubnis deshalb in Tschechien erworben zu haben, da das "unbürokratischer" gewesen und er bereits vor zwölf Jahren auffällig geworden sei, ist nicht zweifelhaft, dass auch er sich von derartigen Intentionen hat leiten lassen.
Der Bekämpfung dieses Missstandes soll erkennbar zum einen Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG dienen, der in seinen Sätzen 1 und 2 die in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG enthaltenen "Kann"-Bestimmungen in den Rang zwingender Vorgaben erhebt. Zum anderen wird den Mitgliedstaaten in Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG die Befugnis zuerkannt, ihre nationalen Vorschriften für die Aufhebung oder den Entzug einer Fahrerlaubnis anzuwenden, wenn feststeht, dass ein Führerschein ausgestellt wurde, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorlagen. Damit soll ersichtlich der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs die Grundlage entzogen werden, es sei allein Sache desjenigen Mitgliedstaates, der einen Führerschein ausgestellt hat, geeignete Maßnahmen in Bezug auf diejenigen Führerscheine zu ergreifen, bei denen sich nachträglich herausstellt, dass ihre Inhaber die Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt haben (EuGH vom 29.04.2004 DAR 2004, 333/337, RdNr. 48). Außer Betracht bleiben kann in diesem Zusammenhang Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2006/ 126/EG, da diese Vorschrift mit Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG praktisch wortgleich übereinstimmt. Es ist derzeit deshalb davon auszugehen, dass Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG den Mitgliedstaaten keine weitergehenden Befugnisse verleiht als die genannte, weiterhin anwendbar bleibende Vorgängervorschrift.
a) Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG scheidet als gemeinschaftsrechtliche Legitimierung für eine Verwaltungsentscheidung der vorliegend inmitten stehenden Art schon deshalb aus, weil diese Bestimmung - obwohl bereits heute existentes Gemeinschaftsrecht - nach Art. 18 Satz 2 der gleichen Richtlinie erst ab dem 19.01.2009 anwendbar ist.
Mit der in Art. 18 vorgenommenen Unterscheidung zwischen dem "Inkrafttreten" eines Regelwerks des Gemeinschaftsrechts und dem Zeitpunkt, ab dem bestimmte Teile hiervon "gelten", haben das Europäische Parlament und der Rat, soweit sich das im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nachvollziehen lässt, eine Rechtssetzungstechnik auf eine Richtlinie der Gemeinschaft angewandt, die nach den gemeinschaftsinternen Vorgaben für die Ausgestaltung von Übergangsbestimmungen beim Erlass von Rechtsnormen in dieser Form nur für Verordnungen vorgesehen ist. Der "Gemeinsame Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken" vom 16.03.2000 (herausgegeben vom Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 2003) unterscheidet in Abschnitt 20.1 hinsichtlich der Zeitpunkte, von denen an Rechtsakte der Gemeinschaft Relevanz entfalten, zwischen dem "Inkrafttreten", dem "Wirksamwerden" und dem "Beginn der Anwendbarkeit". Da bei Richtlinien, die - wie hier der Fall - im Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EG) angenommen wurden oder die an alle Mitgliedstaaten gerichtet sind, das Inkrafttreten das Wirksamwerden ersetzt (Abschnitt 20.12 Satz 2 des Gemeinsamen Leitfadens), ist vorliegend lediglich zwischen der erst- und der drittgenannten Rechtsfigur zu unterscheiden.
In Übereinstimmung damit, dass sich gemeinschaftsrechtliche Richtlinien gemäß Art. 249 Abs. 3 EG grundsätzlich auf die Vorgabe verbindlicher Ziele für die Mitgliedstaaten zu beschränken haben, sieht Abschnitt 20.17 des Gemeinsamen Leitfadens lediglich vor, dass Richtlinien erforderlichenfalls eine Aussage darüber enthalten können, ab wann die Mitgliedstaaten die Vorschriften, die sie in Umsetzung einer Richtlinie erlassen, anwenden; eine derartige Regelung findet sich in Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG.
Bei Verordnungen der Gemeinschaft lässt es Abschnitt 20.11 des Gemeinsamen Leitfadens demgegenüber zu, der Bestimmung, die das Inkrafttreten regelt, eine Klausel beizufügen, die in der deutschen Fassung dahingehend lautet, dass die Verordnung (oder bestimmte Teile hiervon) erst ab einem vom Tag des Inkrafttretens abweichenden Datum "gilt" (bzw. gelten). Der gemeinschaftsrechtliche Normgeber bringt damit zum Ausdruck, dass er es als notwendig ansieht, "die Anwendung eines Teils einer Verordnung auf ein späteres Datum als das des Inkrafttretens zu verschieben" (Abschnitt 20.11 des Gemeinsamen Leitfadens).
Wenn auch die Inkrafttretensregelung des Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2006/ 126/EG um eine Vorschrift ergänzt wurde, der zufolge enumerativ aufgeführte Teile dieser Regelwerks erst nach dem Ablauf von zwei Jahren "gelten" sollen, so muss das deshalb so verstanden werden, dass die in Art. 18 Satz 2 genannten Bestimmungen erst ab dem 19.01.2009 anwendbar sind. Der Umstand, dass Art. 18 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG auch in anderen Amtssprachen der Europäischen Union auf Termini zurückgreift, die in der jeweiligen fremdsprachlichen Fassung des Abschnitts 20.11 des "Gemeinsamen Leitfadens" vorgesehen sind, um die hinausgeschobene Anwendbarkeit (von Teilen) einer Verordnung zum Ausdruck zu bringen, bestätigt zusätzlich, dass diese Bestimmung ihrem Regelungsgehalt nach darauf abzielt, die in ihr aufgezählten Normen erst ab dem 19.01.2009 für anwendbar zu erklären (" shall apply from 19 January 2009"; " sont applicables à partir du 19 janvier 2009"; " sono applicabili a decorrere da 19 gennaio 2009"; " serán aplicables a partir del 19 de enero de 2009"). Die französische, italienische und spanische Fassung des Art. 18 Satz 2 bekräftigen zugleich, dass diese Vorschrift nicht etwa einen Zeitpunkt festschreibt, ab dem die in ihr aufgeführten Teile der Richtlinie 2006/126/EG spätestens angewendet werden müssen, sondern dass der genannte Stichtag - wie es auc
der deutsche Ausdruck "gelten" zeigt - ein Datum vorgibt, ab dem erst von den genannten Bestimmungen Gebrauch gemacht werden darf.
Es kann im Rahmen dieses Beschlusses dahinstehen, ob die Übernahme einer für gemeinschaftsrechtliche Verordnungen vorgesehenen Regelungstechnik in Art. 18 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG dahingehend zu verstehen ist, dass den in dieser Bestimmung genannten Vorschriften aus der Sicht der Rechtssetzungsorgane der Gemeinschaft ab dem 19.01.2009 unmittelbare Wirkung zukommt. Ebenfalls auf sich beruhen kann, warum Art. 11 Abs. 4 nicht in den Katalog der Normen aufgenommen wurde, die gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG obligatorisch in nationales Recht umzusetzen sind, und warum Art. 13 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie insoweit nur die Möglichkeit einer Anpassung innerstaatlicher Vorschriften erwähnt. Vorliegend genügt die Feststellung, dass Art. 11 Abs. 4, obwohl diese Bestimmung gemäß Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG bereits heute existentes Gemeinschaftsrecht darstellt, vor dem 19.01.2009 unanwendbar ist. Damit aber scheidet diese Norm derzeit nicht nur als unmittelbare Rechtsgrundlage für die Nichtanerkennung ausländischer Führerscheine in einem anderen als dem ausstellenden EU-Mitgliedstaat aus. Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG ist nach Auffassung des beschließenden Gerichts bis zum Beginn seiner Anwendbarkeit darüber hinaus auch nicht geeignet, mitgliedstaatlichen Verwaltungsakten, durch die ausländische EU-Fahrerlaubnisse wegen Erfüllung der in dieser Norm genannten Voraussetzungen nicht anerkannt werden, Gemeinschaftsrechtskonformität zu verleihen; die Frage, ob eine "Aberkennungsentscheidung" im Sinne von 3 Abs. 1 Satz 2 StVG - ggf. im Wege der Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG - als "Nichtanerkennungsentscheidung" im Sinne von Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG verstanden werden kann, stellt sich deshalb gegenwärtig nicht. Zwar fände ein Verwaltungsakt, der die Ungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ausspräche, in Sachverhaltsgestaltungen der vorliegenden Art, in denen gegen den Betroffenen eine unanfechtbare, noch berücksichtigungsfähige Entziehungs- oder Versagungsentscheidung vorliegt, jedenfalls vor dem 19.01.2009 in Deutschland seine Rechtsgrundlage im "Außenverhältnis" (d.h. in der Beziehung der Staatsgewalt zum Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis) ausschließlich in 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV. Da die letztgenannte Bestimmung - ebenso wie 28 Abs. 5 FeV - zutreffender Ansicht nach (vgl. jüngst HambOVG vom 22.11.2006 DAR 2007, 103) wegen Unvereinbarkeit mit der Richtlinie 91/439/EWG derzeit unanwendbar ist, würde es sich als ein "Anwenden" des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG (d.h. als ein Nutzbarmachen im Verhältnis zu den Gemeinschaftsbürgern) darstellen, wollte man Vorschriften wie 28 Abs. 4 Nr. 3 und 28 Abs. 5 FeV nunmehr mit der Begründung als wieder vollziehbar ansehen, Art. 11 Abs. 4 Satz 2 dieser Richtlinie sei bereits seit dem 19.01.2007 gültiges Gemeinschaftsrecht. Die praktischen Auswirkungen des Umstands, dass Art. 11 Abs. 4 Satz 2 gemäß Art. 18 Satz 1 der gleichen Richtlinie heute bereits als Rechtsnorm existent ist, beschränken sich mithin darauf, dass die Mitgliedstaaten bereits jetzt Vorkehrungen zu treffen haben, um der sich aus Art. 11 Abs. 4 Satz 2 ergebenden Verpflichtung ab dem 19.01.2009 gerecht werden zu können.
b) Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG scheidet als gemeinschaftsrechtliche Legitimationsgrundlage für einen Verwaltungsakt der hier inmitten stehenden Art schon deshalb aus, weil diese Vorschrift auf ausländische EU-Fahrerlaubnisse, die vor dem 19.01.2007 erteilt wurden, unanwendbar ist. Hierbei kann dahinstehen, ob sich diese Rechtsfolge bereits aus Art. 13 Abs. 2 oder Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG ergibt. Einem Rückgriff auf Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 steht jedenfalls entgegen, dass in "Altfällen" (d.h. bei vor dem 19.01.2007 erteilten Fahrerlaubnissen) die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt sind.
Geht man zunächst nur von der deutschen Fassung der Richtlinie 2006/126/ EG aus, so macht Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 die Befugnis eines Mitgliedstaates, seine nationalen Entziehungsvorschriften auch auf von anderen Mitgliedstaaten erteilte Fahrerlaubnisse anzuwenden (nur in dieser Fallgestaltung, nicht aber bei rein innerstaatlichen Sachverhalten besteht ein Bedürfnis für eine gemeinschaftsrechtliche Regelung), davon abhängig, dass eine solche Amtshandlung nachweislich vorgenommen wurde, "ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorlagen".
Vergleicht man diese Wendung mit dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 1, so könnte der Schluss nahe liegen, beide Halbsätze gingen von unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen aus. Denn während der Halbsatz 1 die Verpflichtung eines jeden Mitgliedstaates statuiert, bei der Erteilung von Fahrerlaubnissen sorgfältig darauf zu achten, dass der Bewerber "die Anforderungen des Absatzes 1 des vorliegenden Artikels" erfüllt, begnügt sich der Halbsatz 2 dem äußeren Anschein nach damit, dass "Voraussetzungen" für die Ausstellung eines Führerscheins nicht vorlagen, ohne eine gegenständliche Eingrenzung hinsichtlich der Art dieser Voraussetzungen vorzunehmen. Hätte der Richtliniengeber durch die Verwendung unterschiedlicher Ausdrücke in den beiden Halbsätzen des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 und durch die unterbliebene Wiederholung der Bezugnahme auf die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 in Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 eine tatbestandliche "Entkoppelung" der beiden Halbsätze des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 voneinander vorgenommen, so könnte der Halbsatz 2 dieser Bestimmung ggf. dahingehend verstanden werden, dass ein Verstoß gegen (gemeinschaftsrechtliche) Bestimmungen jedweder Art genügt, um die Befugnis eines Mitgliedstaates auszulösen, auch Fahrerlaubnisse aufzuheben oder zu entziehen, die ein anderer Mitgliedstaat ausgestellt hat. Es wäre alsdann unerheblich, ob eine Fahrerlaubnis vor oder nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2006/126/EG erteilt wurde, sofern sich nachweisen ließe, dass der ausstellende Mitgliedstaat gegen das zuvor geltende Gemeinschaftsrecht verstoßen hat.
Eine sich allein an der deutschen Fassung der Richtlinie 2006/126/EG orientierende Auslegung ließe jedoch außer Betracht, dass Rechtsakte der Gemeinschaft in allen Amtssprachen der Europäischen Union gleichermaßen verbindlich sind (Herrmann in: Streinz, EUV/EGV, 2003, RdNr. 33 zu Art. 290 EG). Die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung von Gemeinschaftsrecht verbietet es deshalb, eine bestimmte Fassung für sich alleine zu betrachten (EuGH vom 12.7.1979 Rs. C-9/79, RdNr. 6, zit. nach Juris; EuGH vom 17.10.1996 Rs. C-64/95, RdNr. 17, zit. nach Juris). Die Auslegung derartiger Normen erfordert vielmehr einen Vergleich ihrer verschiedenen sprachlichen Fassungen (vgl. z.B. EuGH vom 17.12.1998 Rs. C-236/97, RdNr. 25, zit. nach Juris; Herrmann, ebenda; Booß in: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 4. Aufl. 2006, RdNr. 7 zu Art. 290 EG). Weichen die Sprachfassungen voneinander ab, so ist eine Bestimmung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung, zu der sie gehört, auszulegen (EuGH vom 17.12.1998, a.a.O., Rn. 26), wobei Fassungen, denen ein offensichtlicher Übersetzungsfehler zugrunde liegt, als unbeachtlich zu eliminieren sind (Herrmann, ebenda; Booß, ebenda).
Ein derartiger Vergleich der Fassungen des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 der Richtlinie 2006/126/EG in den verschiedenen Amtssprachen der Europäischen Union kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geleistet werden. Derzeit ist nur die Feststellung möglich, dass der englische, französische, italienische, spanische und portugiesische Text für das Tatbestandsmerkmal, das in der deutschen Fassung teils mit "Anforderungen", teils mit "Voraussetzungen" umschrieben wird, jeweils einheitliche Ausdrücke benutzt ("require-ments", "conditions", "requisiti", "requisitos", "condições"). Bereits dieser Umstand spricht dafür, dass zwischen den Kriterien im Sinne des Art. 7 Abs. 1, die der Ausstellungsstaat bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig zu beachten hat, und denjenigen, deren Missachtung einen anderen Mitgliedstaat nach Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG berechtigt, eine solche Fahrerlaubnis zu entziehen, Identität besteht.
Eine zusätzliche Bestätigung findet dieses Auslegungsergebnis in der französischen Fassung. Sie lautet: "Sans préjudice de l'article 2, l'État membre qui délivre un permis fait diligence en vue de s'assurer que l'intéressé remplit les conditions prévues au paragraphe 1 du présent article et applique ses disposi-tions nationales en matière d'annulation ou de retrait du droit de conduire s'il est établi qu'un permis a été délivré sans que ces conditions aient été respec-tées." Wenn dem im zweiten Satzteil verwendeten Begriff der "conditions" das Demonstrativpronomen "ces" vorangestellt wurde, so kann sich diese hinweisende Bezugnahme nur auf die im ersten Satzteil erwähnten "conditions prévues au paragraphe 1 du présent article" beziehen.
Gegen die Annahme, Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG enthalte eine selbständige, von den Voraussetzungen des Halbsatzes 1 losgelöst zu verstehende Regelung, spricht ferner, dass Art. 7 Abs. 5 Satz 5 innerhalb des Kreises der Fassungen, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes in die Betrachtung einbezogen werden können, nur im Deutschen in zwei Halbsätze zerfällt. Im englischen, französischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Text schließt sich die Aussage über die Anwendbarkeit der nationalen Aufhebungs- und Entziehungsvorschriften demgegenüber innerhalb ein und desselben Satzes, durch ein "und" verknüpft, unmittelbar an die Aussage im Vordersatz an, wonach der ausstellende Staat auf die Einhaltung der Erfordernisse des Art. 7 Abs. 1 Bedacht zu nehmen hat.
Diesem Auslegungsergebnis kann nicht entgegengehalten werden, die Unterscheidung zwischen den vom ausstellenden Mitgliedstaat zu beachtenden "Anforderungen des Absatzes 1" des Art. 7 und der Nichterfüllung von "Voraussetzungen" (nicht näher spezifizierter Art), die den Erlass einer Entziehungsentscheidung auch durch einen anderen Mitgliedstaat erlaubt, finde sich bereits in der deutschen Fassung der Materialien, die im Laufe des Normsetzungsverfahrens entstanden sind. Eine dem heutigen Art. 7 Abs. 5 Satz 5 vergleichbare Regelung enthält - soweit dem Gericht derzeit feststellbar - erstmals das Addendum zum Bericht des Ausschusses der Ständigen Vertreter an den Rat der Europäischen Union vom 01.10.2004 (Dok.-Nr. 12879/04, S. 26). Sie stimmte mit der heutigen deutschen Fassung des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 bereits weitgehend überein, schloss in ihrem Halbsatz 2 jedoch statt mit der Wendung "ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorlagen" noch mit den Worten "ohne dass die Anforderungen erfüllt waren". Der Vermerk des Generalsekretariats des Rates vom 22.12.2004 (Dok.-Nr. 16340/04, S. 36), das Addendum 1 zum Bericht des Vorsitzes des Rats der Europäischen Union an den Ausschuss der Ständigen Vertreter vom 09.03.2006 (Dok.-Nr. 7192/06, S. 37) und das Addendum zum A-Punkt-Vermerk des Vorsitzes an den Ausschuss der Ständigen Vertreter vom 17. März 2006 (Dok.-Nr. 7437/06, S. 37) übernahmen die Fassung des Addendums vom 01.10.2004 jeweils unverändert. Die heutige Schlussformel "ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorlagen" findet sich - soweit dem beschließenden Gericht gegenwärtig nachvollziehbar - erstmals in der deutschen Fassung des vom Rat am 18.09.2006 festgelegten "Gemeinsamen Standpunkts Nr. 23/2006" (ABl. C 295E vom 05.12.2006, S. 1/8). Ob hinter dem geänderten Text eine konkrete Regelungsabsicht der deutschen Seite stand oder der terminologische Wechsel ebenso eine bei der Übersetzung ins Deutsche unterlaufene Fehlleistung darstellt, wie das bei der Verordnung (EWG) Nr. 1932/93 der Fall war, mit der sich der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 17.10.1996 (a.a.O.) zu befassen hatte, kann dahinstehen. Denn auch dann, wenn die erstgenannte Möglichkeit zutreffen sollte, könnte ein lediglich in der deutschen Fassung zum Ausdruck gekommener, geänderter Regelungswille der Auslegung so lange nicht zugrunde gelegt werden, als er nicht auch im Text der Richtlinie, wie er sich in den anderen Amtssprachen darstellt, Niederschlag gefunden hat. Das aber lässt sich, wie dargestellt, derzeit nicht feststellen.
Für die Richtigkeit dieses Auslegungsergebnisses spricht auch, dass Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2006/126/EG eine Durchbrechung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (Art. 2 Abs. 1 der gleichen Richtlinie) darstellt. Bestimmungen in einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, sind jedoch eng auszulegen (vgl. zu Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG EuGH vom 29.4.2004, a.a.O., Rn. 72). Das muss erst recht gelten, wenn ein derartiger allgemeiner Grundsatz die Ausübung von durch primäres Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten erleichtern soll (EuGH vom 29.04.2004, ebenda). Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen dient jedoch dazu, die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft (Art. 18 EG) zu gewährleisten und zu erleichtern (vgl. zu diesem Anliegen der Richtlinie 2006/126/EG die Begründung des Vorschlags der Kommission für diese Richtlinie vom 21.10.2003, a.a.O., S. 2 f.). Auch vor diesem Hintergrund verbietet sich ein Verständnis des Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 dahingehend, diese Bestimmung erlaube den Entzug von durch andere Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen bereits dann, wenn in Zusammenhang mit der Erteilung gemeinschaftsrechtliche Voraussetzungen irgendwelcher Art (namentlich Erfordernisse, die sich aus der Richtlinie 91/439/EWG ergeben) missachtet wurden.
Derzeit kann deshalb nur eine Auslegung als zutreffend anerkannt werden, der zufolge Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG lediglich dann eingreift, wenn bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis gegen die sich aus Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie ergebenden Anforderungen verstoßen wurde. Da die letztgenannte Bestimmung erst am 19.01.2007 in Kraft getreten ist und die Richtlinie 2006/126/EG keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass sie sich rückwirkende Geltung beimisst, scheidet Art. 7 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 als Legitimationsgrundlage für den Erlass von Aberkennungsentscheidungen dann aus, wenn eine ausländische EU-Fahrerlaubnis deshalb noch nicht gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG verstoßen konnte, weil sie vor dem 19.01.2007 erteilt wurde.
2.2 Als Regelwerk, anhand dessen die Gemeinschaftsrechtskonformität des inmitten stehenden Verwaltungsakts zu beurteilen ist, verbleibt damit die Richtlinie 91/439/EWG.
Diese Richtlinie steht derzeit nicht nur der Anwendung der "Nichtanerkennungsregelungen" des 2
Abs. 4 FeV entgegen, von deren mangelnder Konkordanz mit dem bisher geltenden Gemeinschaftsrecht im Ergebnis auch die Antragsgegnerin in Übereinstimmung mit der in Bayern bestehenden Weisungslage ausgeht (vgl. den vierten Absatz auf Seite 2 der Beschwerdeerwiderung vom 11.07.2006). Als durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt kann vielmehr auch gelten, dass ein anderer EU-Mitgliedstaat als derjenige, der eine Fahrerlaubnis ausgestellt hat, die sich aus Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/ EWG ergebende Befugnis nur im Hinblick auf ein nach dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis liegendes Verhalten des Betroffenen ausüben darf (EuGH vom 06.04.2006, a.a.O., Rn. 38, Satz 1; EuGH vom 28.09.2006 DAR 2007, 77/80, Rn. 35).
Ob der Bescheid vom 26.01.2006 danach mit der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist, erscheint in hohem Maße zweifelhaft, ohne dass sich die zutreffende Antwort auf diese Frage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings bereits mit letzter Deutlichkeit entnehmen lässt. Da die Trunkenheitsfahrt am 9. Mai 2003 (aus ihr allein leitete die Antragsgegnerin ausweislich des Schreibens vom 07.09.2005 Bedenken gegen die Fahreignung des Antragstellers her) vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis lag, verstieß sie durch die Aufforderung, der Antragsteller habe sich begutachten zu lassen, eindeutig gegen den Grundsatz, dass der Aufnahmestaat nicht befugt ist, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, wenn ein anderer EU-Mitgliedstaat einen Führerschein gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellt hat (EuGH vom 06.04.2006, a.a.O., Rn. 34, Satz 2; EuGH vom 28.09.2006, a.a.O., Rn. 27, Satz 2). Hieran würde sich nichts ändern, wollte man zur Rechtfertigung der Begutachtungsaufforderung zusätzlich die am 29. August 1992 geahndete Straftat des Antragstellers nach 316 StGB heranziehen, da auch sie vor dem Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis begangen wurde. Das Verbot einer erneuten Überprüfung der Fahreignung durch den Aufnahmestaat greift auch dann Platz, wenn die nationalen Rechtsvorschriften (hier: 13 Nr. 2 Buchst. b und c FeV) aufgrund von Umständen, die zum Entzug einer zuvor erworbenen Fahrerlaubnis geführt haben, eine solche Überprüfung vorschreiben, sofern diese Umstände vor der Ausstellung des neuen Führerscheins bestanden (EuGH vom 06.04.2006, a.a.O., RdNr. 37; EuGH vom 28.09.2006, a.a.O., Rn. 33); denn die Mitgliedstaaten dürfen vom Inhaber eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins generell nicht verlangen, dass er die Bedingungen erfüllt, die ihr nationales Recht für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangenem Entzug einer solchen Berechtigung aufstellt (EuGH vom 06.04.2006, a.a.O., Rn. 29, Satz 2; EuGH vom 28.09.2006, a.a.O., Rn. 32).
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht allerdings darin, dass in Gestalt des Gutachtens vom 07.12.2005 ein nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis entstandenes Erkenntnismittel zur Verfügung steht, aus der sich ergibt, dass in der Person des Antragstellers weiterhin eine fahreignungsrelevante Alkoholproblematik besteht. Da der Antragsteller nicht zur Vorlage dieses Gutachtens hätte gezwungen werden können (hätte er hiervon Abstand genommen und wäre deshalb gegen ihn eine auf 11 Abs. 8 FeV gestützte Aberkennungsentscheidung ergangen, so wäre sie nach dem Vorgesagten wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung aufzuheben gewesen), beruht die Verfügbarkeit dieser Erkenntnisquelle nur mittelbar auf der rechtswidrigen behördlichen Aufforderung, unmittelbar aber auf dem Entschluss des Antragstellers, die Ausarbeitung vom 07.12.2005 in Kenntnis der darin enthaltenen, ihm ungünstigen Aussagen der Antragsgegnerin zu überlassen.
Erklärt sich eine Person nach dem Erwerb einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis gegenüber den Behörden des EU-Mitgliedstaates, in dem sie sich aktuell aufhält, auf diese Weise letztlich selbst für nicht fahrgeeignet, so erscheint es nicht schlechthin ausgeschlossen, darin ein nachträgliches - und damit gemeinschaftsrechtlich berücksichtigungsfähiges - "Verhalten" im Sinne der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 06.04.2006 (a.a.O., RdNr. 38, Satz 1) und vom 28.09.2006 (a.a.O., Rn. 35) zu sehen (vgl. zur Einstufung eines nach der Erteilung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis erstellten Gutachtens, aus dem sich eine negative Zukunftsprognose ergibt, als berücksichtigungsfähige "Neutatsache" SaarlOVG vom 27.03.2006 NZV 2006, 615/616). Aus dem Wortlaut der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.04.2006 (a.a.O., Rn. 38, Satz 2) könnte zudem zu erschließen sein, dass nicht stets ein nach der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis liegendes "Verhalten" des Betroffenen (im Sinne eines unmittelbar straßenverkehrsbezogenen Tuns oder Unterlassens) erforderlich ist, damit die Befugnisse des Aufnahmestaates nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG zum Tragen kommen, sondern dass hierfür auch sonstige "Umstände" genügen könnten, in denen sich Eignungsmängel manifestieren.
Hierfür spricht zusätzlich, dass auch die Richtlinie 91/439/EWG der Verbesserung der Sicherheit des Straßenverkehrs dient (vgl. den ihr vorangestellten Erwägungsgrund 1), und dass die Schwelle für ein sicherheitsbehördliches Einschreiten nicht erst dann erreicht ist, wenn bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit vorliegt (der Antragsteller z.B. erneut eine Straftat nach 316 StGB oder eine Ordnungswidrigkeit nach 24 a Abs. 1 StVG begangen hätte). Eine Gefahrenlage, die ein Einschreiten der Eingriffsverwaltung rechtfertigt, besteht vielmehr bereits dann, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer mit einer solchen Störung innerhalb überschaubarer Zeit konkret zu rechnen ist. Gelangt der Aufnahmestaat in den Besitz von Erkenntnismitteln, die eine derartige Gefahrenprognose erlauben, die zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis jedoch noch nicht existierten, so erscheint es auch im Lichte der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 29.04.2004 (a.a.O.), vom 06. 04.2006 (a.a.O.) und vom 28.09.2006 (a.a.O.) vertretbar, den Aufnahmestaat im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG zu einem Einschreiten auf der Grundlage seiner nationalen Entziehungsvorschriften als befugt anzusehen.
Ob der Europäische Gerichtshof bei einer Befassung mit einer Sachverhaltsgestaltung der vorliegenden Art dieser Betrachtungsweise folgen, er insbesondere den bei der Gutachtensanforderung unterlaufenen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht aus den dargestellten Gründen als im Ergebnis unbeachtlich einstufen würde, ist allerdings nicht gesichert. Angesichts der in den drei vorgenannten Entscheidungen erkennbar werdenden Tendenz, der uneingeschränkten Pflicht zur Anerkennung von im Gemeinschaftsgebiet erteilten Fahrerlaubnissen den Vorrang vor dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr einzuräumen, muss vielmehr ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass dieses Gericht die vorliegend entscheidungserheblichen Rechtsfragen in einem Sinne beantworten würde, aus dem sich die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts ergäbe.
Zur Einholung einer Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG zum Zwecke der Klärung dieser Rechtsfrage wäre der Verwaltungsgerichtshof, obwohl der vorliegende Beschluss nicht im Sinne von Art. 234 Abs. 3 EG mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur verpflichtet, wenn er Zweifel an der Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht hätte (vgl. EuGH vom 21.02.1991 NVwZ 1991, 460/461, RdNr. 24; EuGH vom 09.11.1995 DVBl 1996, 247/248, Rn. 32). Die vorstehend dargestellte Unklarheit über die Tragweite des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG betrifft indes die Auslegung dieser Norm. Bloße Auslegungszweifel erfordern in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dann keine Vorlage nach Art. 234 EG, wenn die Möglichkeit der Durchführung eines Hauptsacherechtsstreits besteht, in dem die im summarischen Verfahren vorläufig beurteilte (hier zudem offen gelassene) Frage neu geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage nach Art. 234 EG bilden kann, ohne dass das mit der Hauptsache befasste Gericht an die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangene Entscheidung gebunden ist (vgl. EuGH vom 27.10.1982 DVBl 1983, 744/745); diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Soweit mehrere Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe davon ausgehen, es sei zumindest noch nicht geklärt, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, auch dann entgegensteht, wenn eine solche Fahrerlaubnis missbräuchlich erlangt wurde (vgl. z.B. ThürOVG vom 29.06.2006 Az. 2 EO 240/06, zit. nach Juris; VGH BW vom 21.07.2006 NZV 2006, 557; HessVGH vom 03.08.2006 NZV 2006, 668; OVG MV vom 29.08.2006 Az. 1 M 46/06, zit. nach Juris; OVG NW vom 13.09.2006 Blutalkohol Bd. 43 [2006], 507; OVG Berlin-Brandenburg vom 27.11.2006 ZfS 2007, 114), sprechen gewichtige Gründe dafür, dass an dieser Auffassung, sollte sie in der Vergangenheit sachlich berechtigt gewesen sein, jedenfalls seit dem 19.01.2007 nicht mehr festgehalten werden kann. Denn das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben die Richtlinie 2006/126/EG nachweislich in Kenntnis der Problematik des "Führerscheintourismus" erlassen, wobei dieses Phänomen im federführenden Ausschuss des Europäischen Parlaments in einer Weise umschrieben wurde, die den Kriterien, unter denen die vorgenannten Gerichte einen Missbrauch des Gemeinschaftsrechts bejahen, entweder gleicht oder zumindest sehr nahe kommt (vgl. S. 11 f. des vorliegenden Beschlusses).
Um diesen Missstand zu bekämpfen, haben die Rechtssetzungsorgane der Gemeinschaft nunmehr ausdrückliche Regelungen erlassen. Das wäre unnötig gewesen, hätte in Gestalt der Rechtsfigur der missbräuchlichen - und damit unzulässigen - Berufung auf Gemeinschaftsrecht bereits bisher ein ausreichendes Instrument zur Verfügung gestanden, um derartige Verhaltensweisen zu unterbinden. Vor allem aber steht einem Rückgriff auf die genannte Rechtsfigur künftig entgegen, dass der gemeinschaftsrechtliche Richtliniengeber entschieden hat, die von ihm zur Bekämpfung des Führerscheintourismus geschaffenen Regelungen sollten dergestalt nur für die Zukunft zum Tragen kommen, dass sie entweder erst ab dem 19.01.2009 für anwendbar erklärt wurden, oder dass sie (vorbehaltlich weitergehender, sich ggf. aus Art. 13 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG ergebender Restriktionen) tatbestandlich nur für Fahrerlaubnisse einschlägig sind, die ab dem 19.01.2007 erteilt wurden. Es erscheint zumindest bedenklich, diesen Rechtssetzungswillen des europäischen Richtliniengebers dadurch zu umgehen, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von im EU-Ausland ausgestellten Führerscheinen bereits vor den von den zuständigen Gemeinschaftsorganen festgesetzten Zeitpunkten durch Rekurs auf die Figur des "Missbrauchs von Gemeinschaftsrecht" durchbrochen wird.
3. Die Interessenabwägung, auf die es vor diesem Hintergrund ausschlaggebend ankommt, kann nicht außer Betracht lassen, dass eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Bescheid vom 26.01.2006 einer Nachprüfung anhand des einschlägigen Gemeinschaftsrechts nicht standhalten könnte. Bereits dieser Umstand spricht dafür, dem anhängigen Widerspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zu dem gleichen Ergebnis führt die Erwägung, dass das vom Antragsteller ausgehende Gefahrenpotenzial nicht derart groß ist, dass es selbst angesichts der ernsthaft in Betracht zu ziehenden Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der angefochtenen Behördenmaßnahme im Interesse des Schutzes höherrangiger Rechtsgüter bei der sofortigen Vollziehbarkeit des Ausgangsbescheids verbleiben muss. Vielmehr darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der letzte Verstoß des Antragstellers gegen das Trennungsgebot im Sinne der Nummer 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nunmehr etwa 15 Jahre zurückliegt. In der Zwischenzeit ist er in Bezug auf den Straßenverkehr nach Aktenlage nur einmal - nämlich durch die am 9.05.2003 begangene Straftat - nachteilig in Erscheinung getreten. Sie zeigt zwar, dass seine Fehleinstellung gegenüber dem Alkoholkonsum dem Grunde nach fortdauerte, zwingt aber als solche nicht ohne weiteres zu dem Schluss, dass er im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit erneut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen wird. Auch das Gutachten vom 07.12.2005 bescheinigt dem Antragsteller im Übrigen, dass seine Bereitschaft zur unbefangenen und eher unverdeckten Darstellung "eine bessere Basis für den Erwerb neuer Einstellungen und Verhaltensweisen" bildet als die in vergleichbaren Fällen häufigen Verharmlosungsversuche. In gewissem Umfang kann zu seinen Gunsten ferner berücksichtigt werden, dass er nach eigenem, glaubhaftem Vorbringen in familiärem Rahmen über eine gewisse Stütze verfügt, die sich zumindest mit Blickrichtung auf die Einhaltung des Trennungsgebots, u. U. aber auch auf sein Trinkverhalten als solches vorteilhaft auswirken könnte. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nach Aktenlage eine neue berufliche Existenz begründet hat; gerade vor diesem Hintergrund muss ihm daran gelegen sein, durch ein sorgfältiges Trennen zwischen dem Alkoholkonsum und der Fahrzeugbenutzung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ihm bis auf weiteres eine Ausnutzung seiner tschechischen Fahrerlaubnis ermöglicht wird.
Im Hinblick auf die im Gutachten vom 07.12.2005 nachvollziehbar dargestellten kognitiven und Reflexionsdefizite des Antragstellers entspricht es allerdings pflichtgemäßer Ausübung des durch 80 Abs. 5 VwGO eröffneten Ermessens, dem Antragsteller gemäß 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO aufzuerlegen, an einem nach 70 FeV anerkannten Lehrgang für alkoholauffällig gewordene Kraftfahrer teilzunehmen. Hierbei wird nicht verkannt, dass das Gutachten vom 7. Dezember 2005 den Besuch eines solchen Kurses durch den Antragsteller nicht für "angezeigt" erachtet hat. Doch auch wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass er allein durch die Teilnahme an einem solchen Seminar gemäß 11 Abs. 10 FeV die Fahreignung wiedererlangt, erscheint die Absolvierung eines solchen Lehrgangs doch geeignet, dem Antragsteller Einsichten zu vermitteln und Verhaltensweisen nahezubringen, die ihn zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Alkohol befähigen und so das von ihm ausgehende Gefährdungspotenzial verringern.
Soweit der Antragsteller die auflagenfreie Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erstrebt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren auf 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1 und II.46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).
Fahrerlaubnisentziehung wegen Drogenkonsums und di
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Az: 11 CS 06.3132
Beschluss vom 27.02.2007
In der Verwaltungsstreitsache wegen Fahrerlaubnisrecht (Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO); hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 08. November 2006, erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 11. Senat, ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2007 folgenden Beschluss:
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 8. Januar 2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 7. Dezember 2006 wird hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheidstenors wiederhergestellt und hinsichtlich Nr. 3 des Tenors angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit unter Abänderung von Ziffer 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2006 - und für das Beschwerdeverfahren auf je 6.250 Euro festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller, geb. am 13. März 1961, wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alte Einteilung).
In der Vergangenheit ist der Antragsteller wegen des Besitzes und Eigenkonsums von Marihuana auffällig geworden. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Altötting vom 19. August 1994 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit sechs sachlich zusammentreffenden Beleidigungen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Das hierauf von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte fachärztliche Gutachten über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fiel für den Antragsteller positiv aus. Mit Urteil des Amtsgerichts Altötting vom 21, Mai 1997 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, Auch hier kam das von der Fahrerlaubnisbehörde angeforderte amtsärztliche Drogengutachten vom 8. August 1997 zu einem für den Antragsteller positiven Ergebnis.
Nach einer polizeilichen Festnahme des Antragstellers am 24. September 2004 gegen 1.00 Uhr (Anfahrt des Antragstellers mit dem Auto) wurde ein Drogenschnelltest durchgeführt, der positiv auf Amphetamine reagierte. Die toxikologische Untersuchung der entnommenen Blutprobe - die Blutentnahme wurde um 8.30 Uhr angeordnet - durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität München ergab eine Konzentration von 0,021 mg/1 Amphetamin und 0,027 mg/1 Methamphetamin. Diese Befunde zeigen nach dem Gutachten des Instituts vom 2. Dezember 2004, dass der Antragsteller Methamphetamin (Crystal Speed) aufgenommen habe. Bei dem zusätzlich aufgefundenen Amphetamin handele es sich um ein Abbauprodukt bzw. eine Verunreinigung von Methamphetamin. Die festgestellten Konzentrationen lägen noch im Wirkbereich. Bei der zusätzlich veranlassten Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers wurden weiter Reste von Methamphetamin aufgefunden (vgl. Gutachten des Landeskriminalamts vom 20. Oktober 2004). Das Führen eines Kraftfahrzeugs unter- Drogeneinfluss wurde mit Bußgeldbescheid vom 16. März 2005 geahndet (250,E Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot).
Die Fahrerlaubnisbehörde forderte vom Antragsteller; nachdem sie am 20. April 2006 Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangte, zunächst mit Schreiben vom 13. Juni 2006 die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zu der Frage der Einnahme von Betäubungsmitteln. Diese Anordnung nahm sie mit Schreiben vom 19. Juli 2006 zurück und ordnete aufgrund von 46 Abs. 3 i.V.m. 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bis spätestens 1. September 2006 an, um zu klären, ob der Antragsteller noch abhängig ist oder weiterhin Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt. Am 27. Juli 2006 sandte das vom Antragsteller beauftrage TÜV-Institut Landshut die Unterlagen zurück und gab an, dass sich der Antragsteller mit der Behörde in Verbindung setzen werde. Dies geschah nach Aktenlage jedenfalls mit einer persönlichen Vorsprache am 22. September 2006.
Nach Anhörung entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 20. September 2006, zugestellt am 28, September 2006, die Fahrerlaubnis und ordnete die unverzügliche Rückgabe des Führerscheins (innerhalb einer Woche ab Zustellung) an. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro und weiter unmittelbarer Zwang bei Erfolglosigkeit des Zwangsgeldes angedroht. Der Sofortvollzug des Bescheids wurde angeordnet. In den Bescheidsgründen ist ausgeführt, dass die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansehe, da er das angeforderte Gutachten nicht vorgelegt habe. Das angedrohte Zwangsgeld wurde verhängt, da der Führerschein nicht fristgerecht abgegeben wurde. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 drohte die Fahrerlaubnisbehörde die Einziehung des Führerscheins durch unmittelbaren Zwang an, wenn der Führerschein nicht spätestens 3 Tage nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abgegeben werde. Am 17. November 2006 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Polizei ab.
Gegen den Bescheid vom 20. September 2006 legten die Bevollmächtigten des Antragstellers am 4. Oktober 2006 Widerspruch ein. Mit dem Widerspruch wird geltend gemacht, dass der Antragsteller zwar am 24. September 2004 unter dem Einfluss von Amphetamin ein Fahrzeug geführt habe, den Konsum von Betäubungsmitteln danach aber aufgegeben habe. Dem Antragsteller sei bei dem vereinbarten Termin beim TÜV erklärt worden, dass er ohne Drogenscreening keine Chance habe, die Begutachtung zu einem positiven Ergebnis zu bringen. Zu dem Drogenscreening habe sich der Antragsteller bereit erklärt. Diese Vorgehensweise habe der Antragsteller auch der Behörde mitgeteilt. Dem Antragsteller sei aufgrund des erforderlichen Drogenscreenings ein angemessener Zeitraum zur Vorlage des MPU-Gutachtens einzuräumen. Ein Befundbericht des TÜV vom 21. September 2006 als erste von insgesamt 3 bis 4 Kontrollen wurde vorlegt (Drogennachweis negativ).
Den am 23. Oktober 2006 beim Verwaltungsgericht München gestellten Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Gericht mit Beschluss vom 8. November 2006, zugestellt am 13. November 2006, ab. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 22. November 2006 legten die Bevollmächtigten des Antragstellers Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ein und begründeten diese damit, dass der Antragsteller niemals auf eine Begutachtung verzichtet habe. Der Antragsteller habe sich auf ausdrückliche Empfehlung des TÜV dahingehend entschieden, dass er sich zunächst einem vom TÜV überwachten Drogenscreening und anschließend einer MPU unterziehe. Mittlerweile liege ein weiterer Befundbericht vom 8. November 2006 vor, das Urinscreening habe wieder keinen Hinweis auf eine Drogeneinnahme ergeben. Der Antragsteller sei seit 2004 betäubungsmittelabstinent. Er sei wegen seiner beruflichen Tätigkeit dringend auf den Führerschein angewiesen. Weiter werde darauf hingewiesen, dass nicht von vorneherein auf 14 Abs. 2 FeV abgestellt werden müsse. An erster Stelle stehe die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zum Nachweis der Betäubungsmittelabstinenz. Auf die früheren Vorgänge könne nicht mehr zurückgegriffen werden. Die streitgegenständlichen Amphetamine würden wohl unzutreffend den harten Betäubungsmitteln zugeordnet. Mit Schriftsatz vorn 24. November 2006 wurde nochmals geltend gemacht, dass der Antragsteller die Untersuchung auf ausdrücklichen Hinweis des TÜV abgebrochen habe, und mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 ein entsprechendes Bestätigungsschreiben der begutachtenden Ärztin nachgereicht. Bei einer telefonischen Sachstandsanfrage am 19. Februar 2006 teilte Herr Rechtsanwalt Neuberger mit, dass das Drogenscreening mittlerweile für den Antragsteller positiv abgeschlossen sei, die MPU-Begutachtung erfolge in den nächsten Wochen.
Nach -Auskunft des Verwaltungsgerichts München erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 8. Januar 2007 Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Regierung von Oberbayern hat mit Bescheid vom 7. Dezember 2006 den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Fahrerlaubnisakte verwiesen.
Die Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat im Wesentlichen Erfolg.
Das mit der Beschwerde verfolgte Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist bei sachgerechter Auslegung (vgl. 88 VwGO) so zu verstehen, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Tenors wiederhergestellt, und hinsichtlich der kraft Gesetzes (vgl. Art. 21 a VwZVG) sofort vollziehbaren Nummern 3 und 4 des Tenors angeordnet wird. Insoweit hat die Behörde den Sofortvollzug unnötigerweise angeordnet. Für dieses Begehren besteht hinsichtlich Nummer 4 des Tenors des Bescheids vom 20. September 2006 kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Antragsgegner offensichtlich hieraus nicht (mehr) gegen den Antragsteiler vorgehen will. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs nochmals angedroht, da eine weitere Androhung eines Zwangsmittels erst dann zulässig ist, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG). Der Bescheid vom 30, Oktober 2006 ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Soweit der Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist, ist er begründet. Nach summarischer Prüfung hat die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich Erfolg, da die Fahrerlaubnisbehörde die Voraussetzungen des 11 Abs. 8 FeV zu Unrecht bejaht hat.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen, da dieser das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht zum angeordneten Termin vorgelegt hat. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen ( 11 Abs. 8 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 3 C 25/04, NJW 2005, 3081 ff.). Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung war vorliegend zwar nach 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 46 Abs. 3 FeV geboten, die Gutachtensanforderung vom 19. Juli 2006 hat mit ihrer Fristsetzung aber dem erforderlichen Abstinenznachweis nicht Rechnung getragen. Dieser Mangel der Gutachtensanforderung, der im Beschwerdeverfahren zumindest sinngemäß gerügt wird, führt zu ihrer Rechtswidrigkeit.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat, wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. November 2006 zutreffend ausgeführt hat, vom Antragsteller zu Recht ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert. 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV verlangt zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wenn zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder - ohne abhängig zu sein - weiterhin Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 a.a.O.). Die Vorschrift setzt demnach voraus, dass in der Vergangenheit nachweislich ein Betäubungsmittelkonsum und zwar ein Konsum sog. harter Drogen (für den Konsum von Cannabis gilt eine abgestufte Regelung) stattgefunden hat. Ein ärztliches Gutachten ist hingegen zu fordern, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt (vgl. 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV), aber ein Nachweis noch aussteht. Hier soll das Gutachten Klarheit darüber bringen, ob ein Konsum von Betäubungsmitteln vorliegt. Hat der Betroffene in der Vergangenheit nachweislich Betäubungsmittel konsumiert, ist eine reine medizinische Begutachtung bei geltend gemachter Abstinenz nicht ausreichend. Erforderlich ist insbesondere auch eine psychologische Begutachtung, die klären soll, ob sich der (ehemalige) Betäubungsmittelkonsument dauerhaft vom Drogenkonsum gelöst hat. Zu einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde muss ein s
abiler, tief greifender Einstellungswandel hinzutreten, der es wahrscheinlich macht, dass die notwendige Abstinenz auch in Zukunft eingehalten wird. Nur dann kann wieder eine positive Verkehrsprognose gestellt werden (vgl. die Begründung zu 3,12.1 der Begutachtungsleitlinien; BVerwG vom 9.6.2005 3 C 21/04, DVBI 2005, 1333 ff, unter Hinweis auf die Begründung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Mai 1998, BRDrucks 443/98, S. 263). Der Antragsteller hat nachweislich und unbestritten im September 2004 Methamphetamin als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (vgl. 1 Abs. 1 BtMG, Anlage III zu 1 Abs. 1 BtMG) konsumiert. Im Hinblick auf die geringen festgestellten Konzentrationen ist zu berücksichtigen, dass die Blutentnahme erst ca. 8 Stunden nach der Drogenfahrt erfolgt ist. Die Blutentnahme fand am Wirkungsende der eingenommenen Droge statt, wobei die im Blut aufgefundenen Konzentrationen von Amphetamin und Methamphetamin noch im Wirkbereich lagen (vgl. toxikologisches Gutachten vom 2.12.2004). Zum Zeitpunkt der Verkehrsteilnahme gegen 1.00 Uhr lag damit eine deutlich höhere Wirkkonzentration vor.
Soweit die Bevollmächtigten eine Parallele zu dem Konsum von Cannabis als sog, weiche Droge ziehen wollen, hat der Gesetzgeber eine eindeutige Unterscheidung zwischen der Behandlung des Konsums von Cannabis und den anderen Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes getroffen (vgl. Nummern 9.1 und 9.2 der Anlage 4 zur FeV, 14 Abs. 1 Satz 4 FeV). Die Besonderheit, dass einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr die Fahreignung noch nicht ausschließt, besteht darin, dass der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis, unabhängig davon in welcher Verkehrsform (Haschisch oder Marihuana) die in der Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide aufgenommen werden, in der Regel noch nicht zu einer permanenten fahreignungsrelevanten Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit führt. Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Betroffene außerstande ist, eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen oder trotz einer solchen Erkenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen (vgl. BVerfG vom 20.6.2002 NJW 2002, 2378 ff.). Die Eignungsbedenken, die der Konsum anderer Drogen auslöst, resultieren zum einen aus der gegebenen Unkontrollierbarkeit des Stoffes und seiner Wirkungen (Rausch- und Nachhallwirkungen) für das Verkehrsverhalten. Es ist weder für den Konsumenten vorhersehbar noch von einem Gutachter zuverlässig einzuschätzen, bei welcher Person mit welchem Konsumverhalten solche Effekte auftreten. Ein Drogenkonsument, der zudem nicht die Möglichkeit hat, Art, Inhalt und Qualität eines ihm überlassenen oder von ihm erworbenen Drogenpräparats genügend zu kennen, muss bei oder nach dem Drogenkonsum stets mit für ihn unerwarteten und ihm bisher unbekannten Wirkungsweisen und Folgen rechnen. Zu diesen Gefahren kommt das Risiko der Entwicklung von unkontrollierten Konsummustern bis hin zur Abhängigkeit hinzu (vgl. Schubert/ SchneiderlEisenmenger/Stephan, Kommentar zu den Begutachungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 170, 171). Diese Bedenken gelten auch für die hier vorliegenden Drogen. Amphetamin und Methamphetamin wirken sehr stark stimulierend; wichtige Wirkungen sind Euphorie, Konzentrationsverlust, Dosissteigerung, subjektives Gefühl der Leistungssteigerung. Die Fahrtüchtigkeit ist im akuten Rausch (erhöhte Risikobereitschaft) massiv beeinträchtigt. Die Zusammensetzung der in der Drogenszene angebotenen "Speedpills" variiert stark (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, S. 276, 278). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayVGH vom 14.2.2006 11 ZB 05.1406, vom 8.11.2006 11 CS 05.2688) hat daher bereits ein einmaliger Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall gem. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrungeeignetheit zur Folge. Macht der Antragsteller geltend, dass er mittlerweile betäubungsmittelabstinent ist, hat er mit einem medizinisch-psychologischen Gutachten nachzuweisen, dass er die Fahrtauglichkeit wiedererlangt hat. Die Anordnung, zur Klärung der Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs wegen nachgewiesenen Drogenkonsums ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, ist nicht an die Einhaltung einer festen Frist nach dem letzten erwiesenen Betäubungsmittelmissbrauch gebunden. Erforderlich ist eine Einzelfallentscheidung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 3 C 25/04 a.a.O.). Sich an dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientierend, hat der Senat keine zeitliche Höchstgrenze der Berücksichtigungsfähigkeit von Betäubungsmittelkonsumakten in der Vergangenheit festgelegt (vgl. BayVGH vom 20.11.2006 11 CS 06.118). Vorliegend bestehen auch unter dem Gesichtspunkt eines letzten Drogenkonsums im Jahre 2004 keine, Bedenken gegen die Gutachtensanforderung. Wenn man von dem Vortrag der Bevollmächtigten ausgeht, hat der Antragsteller frühestens Ende September 2004 den Drogenkonsum aufgegeben. Hat der Betäubungsmittelkonsument seine Fahreignung verloren, kann er sie erst nach einjähriger Abstinenz wiedergewinnen (vgl. 9.5 der Anlage 4 zur FeV). Bis zum Ablauf dieser Jahresfrist darf die Behörde auch bei behaupteter Verhaltensänderung des Betroffenen die Fahrerlaubnis nach 11 Abs. 7 FeV entziehen und ein auf Wiedergewinnung der Fahreignung abzielendes Vorbringen zum Gegenstand eines gesonderten Wiedererteilungsverfahrens machen (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 BayVBI 2006, 18 ff.). Diese Verfahrenslage hat die Behörde berücksichtigt, als sie im April 2006 Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangte und nicht mehr gemäß 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis entzog, sondern den Antragsteller nach 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens aufforderte. Die nach dem erforderlichen Abstinenzzeitraum von einem Jahr verstrichene Zeitspanne bis zur Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nicht so groß, dass der Antragsteller mit einer Begutachtung nunmehr zu sehr belastet würde. Im Hinblick- auf die Gefährlichkeit der Drogen, die der Antragsteller offensichtlich auch nach den Erkenntnissen der Wohnungsdurchsuchung nicht nur einmal probiert hat, musste die Behörde für das Belassen der Fahrerlaubnis sicherstellen, dass der Antragsteller den Konsum nachweislich aufgegeben hat. Dass der Antragsteller mittlerweile nicht wieder mit Drogen auffällig geworden ist, hat nur einen beschränkten Aussagewert. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Drogenvorgeschichte des Antragstellers berücksichtigt, soweit er mit Urteil des Amtsgerichts Altötting vom 21. Mai 1997 wegen unerlaubten Anbaus von MarihuanaPflanzen zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt wurde. Die Tilgungsfrist dieser Straftat beträgt nach 46 Abs. 1 Nr. 2 b BZRG in der maßgeblichen Fassung vom 15. Juli 1992 zehn Jahre und kann daher dem Antragsteller nach 51 BZRG noch entgegengehalten werden. Allerdings muss die Gutachtensanforderung und dies hat die Fahrerlaubnisbehörde verkannt, mit ihrer Fristsetzung dem erforderlichen Abstinenznachweis Rechnung tragen. Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, das sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich (vgl. BayVGH vom 13. Dezember 2005 11 CS 05.1350). Der Betäubungsmittelkonsument muss in der Regel eine einjährige Abstinenz (vgl. oben) durch ärztliche Untersuchungen nachweisen. Dies geschieht bei einem Nachweis durch Urinscreenings auf der Basis von mindestens vier unvorhersehbar anberaumten Laboruntersuchungen innerhalb dieser Jahresfrist in unregelmäßigen Abständen (vgl. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung). Im Einzelfall kann der Abstinenznachweis auch durch eine Haaruntersuchung erfolgen. Unabhängig von der Beschaffenheit der Haare, insbesondere auch der Länge, ist es allerdings nicht einfach, das Ausmaß von Drogenkonsum im Haar zu bestimmen. Die Frage, ab welcher Konsumfrequenz und Intensität Drogenrückstände in Haaren individuell zuverlässig nachweisbar sind, ist nicht ausreichend sicher zu beantworten (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 181). In der Regel erfolgt der Abstinenznachweis daher durch Urinscreenings. Von einem solchen Abstinenznachweis ist offensichtlich auch das TÜV-Institut Landshut ausgegan gen und hat dem Antragsteller mitgeteilt, wie er vorgetragen hat, dass ohne dieses überwachte Drogenscreening kein positives Ergebnis der Begutachtung zu erwarten sei (vgl. vorgelegtes Schreiben des TÜV vom 14.12.2006). Der Tatsache, dass ein Abstinenznachweis durch Urinscreenings erfolgen müsse, hätte die Fahrerlaubnisbehörde bei der Fristsetzung zur Vorlage des Gutachtens Rechnung tragen müssen. Die Zeitspanne von 6 Wochen war dafür jedenfalls zu kurz gewählt. Den Belangen der Verkehrssicherheit kann entweder dadurch Rechnung getragen werden, dass zunächst ein von der Behörde überwachtes Drogenscreening angeordnet wird (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 a.a.O.) und anschließend noch die erforderliche psychologische Begutachtung oder die Behörde die medizinisch-psychologische Begutachtung mit längerer Fristsetzung anordnet und Vorlagefristen für die medizinischen Nachweise - ggf. nach Absprache mit der Untersuchungsstelle - vorsieht. Geht die Behörde im Einzelfall davon aus, dass ein Abstinenznachweis durch Haaranalyse in Betracht kommt, hat sie dies sinnvollerweise im Vorfeld mit der Begutachtungsstelle abzuklären oder im Anschreiben an die Begutachtensstelle zum Ausdruck zu bringen. Zwar ist die Untersuchungsmethode wohl grundsätzlich der Wahl des Arztes überlassen, andererseits muss aber die Fristsetzung der Untersuchungsart angemessen sein. Jedenfalls darf das Risiko, das Gutachten wegen der von der Begutachtungsstelle gewählten Untersuchungsart nicht Erfolg versprechend fristgerecht beibringen zu können, nicht dem Betroffenen auferlegt werden. Da es Aufgabe der Behörde ist, mit einer angemessen Frist sicherzustellen, dass der erforderliche Abstinenznachweis erbracht werden kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragsteller für die Nichtbeibringung des Gutachtens einen ausreichenden Grund vorgebracht hat bzw. der Antragsteller unverschuldet verhindert war, das Gutachten fristgerecht beizubringen (vgl. BVerwG vom 12. März 1985 NJW 1985, 2490 ff., BayVGH vom 7.11.2006 11 ZB 05.3034). Im Übrigen läge auch ein solcher Entschuldigungsgrund vor.
Da somit die auf 11 Abs. 8 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich im Klageverfahren keinen Bestand haben wird, war die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus 63 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.5 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).
Fahrlässiges Führen eines Kraftfahrzeugs unter Wir
OLG Bamberg
Az: 2 Ss OWi 1623/05
Beschluss vom 01.12.2006
Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Bamberg erlässt in dem Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeit am 1. Dezember 2006 folgenden B e s c h l u s s :
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 25. Juli 2005 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Amtsgericht Fürth zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen am 25.07.2005 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Kokain ( 24 a Abs. 2, 3 StVG) zu einer Geldbuße von 250 € und einem Fahrverbot für die Dauer von einem Monat. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
II.
Die gemäß 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde hat bereits auf die Sachrüge vorläufigen Erfolg, da die Urteilsgründe lückenhaft und unvollständig sind ( 267 Abs. 1 Satz 1, 337 StPO i.V.m. 71 Abs. 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
1. Das Amtsgericht hat festgestellt:
"Am 01.04.2005 um 0.55 Uhr führte der Betroffene den PKW BMW, amtliches Kennzeichen 000, in Ü. auf der Straße im öffentlichen Straßenverkehr unter Wirkung des berauschenden Mittels Kokain. ..."
Zur Beweiswürdigung stellt das Amtsgericht weiter fest und führt aus:
"Der Betroffene selbst äußerte sich zur Tat nicht. Der Polizeimeister R. berichtete glaubwürdig, dass er auf den Betroffenen anlässlich einer Verkehrskontrolle aufmerksam wurde. Es sei ihm die große Nervosität aufgefallenen und der ständige Redefluss. Aufgrund gewisser Vorschulungen habe er den Verdacht gehegt, dass Drogen im Spiel seien. Dem Betroffenen wurde sofort ein Urintest vor Ort angeboten, den dieser auch wahrnahm. Dabei wären entsprechende Spuren zu Tage getreten, die den Zeugen veranlasst hätten, den Betroffenen mit auf die Polizeiwache zur Blutentnahme zu nehmen. Auf der Polizeiwache sei der Betroffene weiterhin überdurchschnittlich nervös gewesen, hätte innerhalb von 21 Minuten 4 Zigaretten geraucht und ständig nachgefragt, was nun geschehen würde. Trotz wiederholter ausführlicher Beantwortung dieser Fragen hätte der Betroffene nicht abgelassen, erneut die gleichen Fragen zu stellen. Insgesamt sei er auffällig gewesen, wenn auch festzustellen war, dass der mit der Taschenlampe durchgeführte Test bezüglich der Pupillenveränderung keinerlei Anhaltspunkte für eine Intoxierung gab.
Der gemäß 256 StPO verlesene ärztliche Untersuchungsbericht ergab, dass beim Betroffenen um 02.16 Uhr eine Blutprobe genommen wurde. Auch die im Beiblatt von Dr. med. R. getätigten Feststellungen bezüglich des Schwankens und der Balancierung wurden insoweit in die Hauptverhandlung eingeführt.
Der Sachverständige Dr. E. erteilte insoweit Auskunft über den im Blut des Betroffenen gegebenen Stoff Benzoylecgonin und führte glaubwürdig und nachvollziehbar aus, dass es sich bei diesem Stoff um ein Abbauprodukt von Kokain handeln würde. Kokain würde im menschlichen Körper so schnell abgebaut, dass teilweise noch unter Einwirkung von Kokain entsprechender Abbaustoff feststellbar sei. Weitere Belege für eine andere Intoxikation hätten sich aufgrund der Blutanalyse nicht ergeben. Der Sachverständige führte auch glaubwürdig aus, dass die in der Hauptverhandlung zu Tage getretene und vom Zeugen R. beschriebene Verhaltensweise sich lückenlos in den Befund einfügt, dass der Betroffene unter Einfluss von Kokain zum Tatzeitpunkt gestanden hat. Der Sachverständige wies auch deutlich darauf hin, dass die Untersuchungen in Bezug auf das Steh- und Balanciervermögen beim Betroffenen keinen nachweisbaren Wert hätten, da der Betroffene sich unwiderlegbar ca. 2 Jahre zuvor einer Achillessehnenoperation unterzogen hatte und sich somit unter anderen Voraussetzungen fortbewegt.
Deutlich wies der Sachverständige darauf hin, dass die Einwirkzeit von Benzoylecgonin ca. 1 Stunde beträgt, mit der Folge, dass der Abbau dieses Stoffes im Körper sehr schnell von statten geht. Unter dem Hinweis, dass die Blutentnahme ca. 1 Stunde und 20 Minuten nach der eigentlichen Tat stattgefunden hätte, kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sich beim Betroffenen zum Tatzeitpunkt unter Voraussetzungen normaler Umstände eigentlich mindestens 96 ng/l befunden hätten, so dass die derzeit geführte Diskussion bezüglich der Grenzwerte in diesem Fall dahinstehen könne.
Aufgrund dieser glaubwürdigen Ausführungen des Sachverständigen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Betroffene unter der einschränkenden und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr unmöglich machenden Auswirkungen von Kokain stand." [orthografisch berichtigt; kursive Hervorhebung durch den Senat]
2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Gemäß 24 a Abs. 2 Satz 1 StVG begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels führt. Eine solche Wirkung liegt gemäß 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG vor, wenn eine dieser in der Anlage angeführte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Dies ist für das berauschende Mittel Kokain die Substanz Benzoylecgonin (BZE) als dessen Abbauprodukt.
a) Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 (NJW 2005, 349 ff), die die Aufnahme von Cannabis und die nachzuweisende Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) betroffen hat, ist 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass eine Konzentration festgestellt sein muss, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BVerfG NJW 2005, 349/351). Da sich aufgrund der fortgeschrittenen Untersuchungsmethoden die Nachweisdauer erhöht hat, können Nachweisdauer und Wirkungsdauer nicht mehr wie bei Einführung dieses Tatbestandes im Jahre 1998 vom Gesetzgeber zugrunde gelegt gleichgesetzt werden. Gleiches gilt auch für die anderen Rauschmittel, so dass 24a Abs. 2 Satz 2 StVG auch in Bezug auf Kokain/Benzoylecgonin entsprechend verfassungskonform auszulegen ist (für eine entsprechende Anwendung: Bönke NZV 2005, 272/273; Wehowsky BA 2006, 125/129; Eisenmenger NZV 2006, 2427).
b) Für einen sicheren Nachweis der Substanz Benzoylecgonin (BZE) hat die seit 1993 am Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angesiedelte Grenzwertkommission dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechend eine Konzentration von 75 ng/ml BZE im Blutserum als analytischen Grenzwert in ihrem Beschluss vom 20.11.2002 festgelegt (Blutalkohol 2005, 160). Dieser analytische Wert besagt zunächst nicht mehr, als dass ab diesem Wert BZE sicher nachweisbar ist, ohne dass weitere Sicherheitszuschläge erforderlich wären. Er belegt darüber hinaus, dass innerhalb der letzten 24 Stunden Kokain konsumiert wurde (Eisenmenger aaO, S. 26). Ab diesem Wert besteht zugleich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit, die die Sanktionierung durch das abstrakte Gefährdungsdelikt legitimiert. Bei tieferliegenden Messwerten ist die Annahme eines zeitnahen Konsums zunehmend weniger gerechtfertigt (Grenzwertkommission BA 2005, 160). Unterhalb dieses Grenzwertes nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung ab (Wehowsky, BA 2006, 125/129).
c) Das Amtsgericht hat vorliegend das Ergebnis der Blutuntersuchung überhaupt nicht festgestellt. Soweit es mitteilt, dass sich "bei Betroffenen zum Tatzeitpunkt unter normalen Umständen eigentlich mindestens 96 ng/l befunden hätten", gibt es offensichtlich das Ergebnis einer Rückrechnung des Sachverständigen wieder. Abgesehen davon, dass 96ng/l einem Wert von 0,096 ng/ml entspricht, damit bezogen auf BZE weit unterhalb dem oben angegebenen analytischen Grenzwert liegt und deshalb wohl eher eine Konzentration von 96 ng/ml gemeint war, ist es unzureichend, nur das Ergebnis eines Gutachtens zu übernehmen, ohne die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen (Anknüpfungstatsachen) und die daraus vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen, d.h. die wesentlichen Befundtatsachen und die das Gutachten tragende fachliche Begründung anzuführen (BGHSt 39, 291/296; OLG Köln DAR 2005, 699; Göhler OWiG 14. Aufl. 71 Rn. 43d m.w.N.).
3. Auf diesem Darstellungsmangel beruht auch das Urteil ( 337 StPO i.V.m. 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG), da wie ausgeführt nicht jede festgestellte Menge der Substanz Benzoylecgonin für den sicheren Nachweis gemäß 24 a Ab. 2 Satz 2 StVG ausreicht. Aufgrund des aufgezeigten Darstellungsmangels ist das angefochtene Urteil fehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung war daher mit den dazugehörigen Feststellungen und in der Kostenentscheidung aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung gemäß 79 Abs. 6 OWiG ist dem Senat auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nicht möglich. Die Sache wird daher im Umfang der Aufhebung zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Fürth zurückverwiesen ( 353 StPO i.V.m. 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Bei einem BZE-Wert unter 75 ng/ml kommt eine Verurteilung nach 24 a Abs. 2 StVG nur in Betracht, wenn durch ein ergänzendes rechtsmedizinisches Gutachten festgestellt ist, dass auch in diesem Fall typischerweise rauschmittelbedingte Leistungseinschränkungen der Verkehrstauglichkeit zu erwarten sind. Vorliegend wurden weder Anhaltspunkte einer Pupillenveränderungen festgestellt, noch wurde das "Steh- und Balancierungsvermögen" des Betroffenen (ohne dass es im Einzelnen beschrieben war) im Hinblick auf seine Achillessehnenoperation zum Nachweis einer Leistungseinschränkung als geeignet angesehen. Ob die weiteren Auffälligkeiten wie ständiger Redefluss, Nervosität und übermäßiges Zigarettenrauchen ein Anzeichen für eine eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit sind, ist zu bezweifeln.
Fahrlässiges Führen eines Kraftfahrzeugs unter Wir
OLG Hamm
Az: 2 Ss OWi 91/07
Beschluss vom 19.03.2007
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 27. Oktober 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 03. 2007 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Kokain ( 24 a Abs. 2, 3 StVG) zu einer Geldbuße von 250 € verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel nach 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde war vielmehr auf der Grundlage der Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in der Stellungnahme vom 15. Februar 2007 gemäß 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Zusätzlich zu den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft weist der Senat nur auf Folgendes hin.
Das Amtsgericht hat festgestellt:
"Danach führte der Betroffene am 31.12.2005, dem Silvestertag, gegen 22.20 Uhr das Fahrzeug BMW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXXXXX auf der Lütkenheider Str. in Hagen unter der Wirkung berauschender Mittel (Kokain). ....................Die Konzentrationen lagen oberhalb des jeweiligen höchsten Eich-kurvenwertes von 100 ng/ml Serum für Kokain bzw. 1000 ng ml Serum, bei Extrapolation der Eichkurven ergaben sich Werte von Kokain 233 ng/ml Serum Benzoylecgonin 2431 ng/ml Serum....."
Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen eines Verstoßes gegen 24a Abs. 2 StVG. Nach 24a Abs. 2 Satz 1 StVG begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels führt. Eine solche Wirkung liegt gemäß 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG vor, wenn eine dieser in der Anlage angeführte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Dies ist für das Kokain die Substanz Benzoylecgonin (BZE) als dessen Abbauprodukt.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. 12. 2004 (NJW 2005, 349 ff. = VRR 2005, 34), die die Aufnahme von Cannabis und die nachzuweisende Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) betraf, ist 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass eine Konzentration festgestellt sein muss, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BVerfG, a.a.O.). Da sich aufgrund der fortgeschrittenen Untersuchungsmethoden die Nachweisdauer erhöht hat, können Nachweisdauer und Wirkungsdauer nicht mehr - wie bei Einführung dieses Tatbestandes im Jahre 1998 vom Gesetzgeber zugrunde gelegt - gleichgesetzt werden. Gleiches gilt auch für die anderen Rauschmittel, so dass 24a Abs. 2 Satz 2 StVG auch in Bezug auf Kokain/Benzoylecgonin entsprechend verfassungskonform auszulegen ist (für eine entsprechende Anwendung Bönke NZV 2005, 272, 273; Wehowsky BA 2006, 125, 129; Eisenmenger NZV 2006, 24, 27; vgl. dazu z.B. OLG Schleswig VRR 2006, 474; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309; OLG Köln DAR 2005, 699 zu Morphin; OLG Zweibrücken VRR 2005, 199 124 zu Amphetamin; OLG München VRR 2006, 276 zu Amphetamin; OLG Bamberg, Beschl. v. 1. 12. 2006, 2 Ss OWi 1623/05 für Kokain; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29. 1. 2007, 3 Ss 205/06 für THC).
Für einen sicheren Nachweis der Substanz Benzoyiecgonin (BZE) hat die seit 1993 am Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angesiedelte Grenzwertkommission dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechend eine Konzentration von 75 ng/ml BZE im Blutserum als analytischen Grenzwert in ihrem Beschluss vom 20. 11. 2002 festgelegt (BA 2005, 160). Dieser analytische Wert besagt zunächst nicht mehr, als dass ab diesem Wert BZE sicher nachweisbar ist, ohne dass weitere Sicherheitszuschläge erforderlich wären. Er belegt darüber hinaus, dass innerhalb der letzten 24 Stunden Kokain konsumiert wurde (Eisenmenger, a.a.O.). Ab diesem Wert besteht zugleich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit, die die Sanktionierung durch das abstrakte Gefährdungsdelikt legitimiert. Bei tiefer liegenden Messwerten ist die Annahme eines zeitnahen Konsums zunehmend weniger gerechtfertigt (Grenzwertkommission BA 2005, 160). Unterhalb dieses Grenzwertes nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung ab (Wehowsky, BA 2006, 125/129; zu allem auch OLG Bamberg, a.a.O.).
Das Amtsgericht hat vorliegend das Ergebnis der Blutuntersuchung festgestellt. Dieses liegt über dem von der Grenzwertkommission festgelegten analytischen Grenzwert. Die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen 24a Abs. 2 StVG ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 StPO.
Fahrverbot nach Morhphingebrauch
Oberlandesgericht Bamberg
Az: 3 Ss OWi 688/05
Beschluss vom 27.02.2007
Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Bamberg hat in dem Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeit am 27. Februar 2007 b e s c h l o s s e n :
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 18. Februar 2005 unter Aufrechterhaltung der bisherigen Feststellungen zum Schuldspruch aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels (Morphin) nach 24 a Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 StVG zu einer Geldbuße von 250 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
1. Der Verurteilung liegt nach den Feststellungen folgender Sachverhalt zugrunde:
Gegen 17.30 Uhr beobachtete der Polizeibeamte PHM W. den Betroffenen in seinem Pkw fahrend im Stadtgebiet von S. Da der Betroffene der Polizei als zumindest in Rauschgiftkreisen verkehrend bekannt war, entschloss man sich, den Betroffenen einer Kontrolle zu unterziehen. Nachdem der Betroffene auf der Dienststelle einen Urintest verweigert hatte, wurde eine Blutentnahme angeordnet, die um 19.12 Uhr vollzogen wurde. Das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung der Blutprobe ergab, dass im Blut Morphin < 10,0 ng/ml nachweisbar war. Eine Aufnahme von morphinhaltigen Mitteln zwischen Kontrolle und Blutentnahme war nicht möglich bzw. nicht relevant.
Der Betroffene hatte zunächst angegeben, erkältungsbedingt codeinhaltige Präparate eingenommen und Mohnbrötchen verzehrt zu haben, seine Einlassung nach Gutachtenerstellung durch den rechtsmedizinischen Sachverständigen allerdings dahin modifiziert, möglicherweise auch am frühen Nachmittag bzw. nachmittags Mohnkuchen verzehrt zu haben.
Der Sachverständige führte aus, an seinem Institut sei die technische Ausstattung derart, dass ein Nachweis von Morphin im Blut ab 2,5 ng/ml Blut möglich ist. Soweit im schriftlichen Gutachten davon die Rede sei, dass eine Konzentration von kleiner als 10 ng/ml Blut nachweisbar ist, rühre dies daher, dass es sich bei dem Wert 10 ng/ml Blut um eine Bestimmungsgrenze handelt. Dies bedeute, dass bei dem von ihm durchgeführten Messverfahren Angaben über die exakte Höhe der Konzentration zwischen 2,5 ng/ml und 10 ng/ml nicht möglich seien; jedoch stehe fest, dass eine Morphinkonzentration von über 2,5 ng/ml im Blut vorhanden gewesen sei. Wolle man die exakte Konzentration feststellen, müsse ein anderes Messverfahren gewählt werden.
Nach Auffassung des Amtsgerichts konnte die Einlassung des Betroffenen, er habe Kodeinpräparate konsumiert, durch den Sachverständigen aus wissenschaftlicher Sicht widerlegt werden. Zwar enthalte Kodein als Abbauprodukt ebenfalls Morphin, jedoch hätte in diesem Fall neben Morphin auch Kodein im Blut nachgewiesen werden müssen. Der Verzehr von Mohnbrötchen sei nicht geeignet, eine Morphinkonzentration im Blut hervorzurufen, was daran liege, dass in der Regel bei Mohnkörnchen der Mohn auf die Brötchen aufgestreut werde und sich auch beim Backen und beim Verzehr Morphin nicht entwickeln könne. Anders sehe es bei Mohnkuchen aus. Dadurch, dass hier die Schale der Mohnkörnchen aufgerieben werde, würden Substanzen freigesetzt, die zu einer Konzentration von Morphin im Blut führen könnten. Die weitere Einlassung des Betroffenen, Mohnkuchen verzehrt zu haben, wertete das Amtsgericht als eine im nachhinein zurecht gelegte Schutzbehauptung, die erst dann vorgetragen worden sei, als der Sachverständige sein Gutachten erstattet und auf die Möglichkeit von Morphinkonzentrationen im Blut nach dem Verzehr von Mohnkuchen hingewiesen hatte.
2. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene u.a. die Verletzung des Zweifelssatzes in dubio pro reo. Nach den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen sei zugunsten des Betroffenen von der denkbar niedrigsten Morphinkonzentration von 2,5 ng/ml Blut auszugehen, mithin von einem Wert, der nach Aussage des Sachverständigen bereits mit dem Genuss nur eines Stücks Mohnkuchen um das 4-fache übertroffen und bis zu 4 Stunden nach dem Verzehr mit Morphinkonzentrationen über 10 ng/ml festgestellt werden könne. In Verbindung mit dem Rechtsgedanken des stattgebenden Kammerbeschlusses der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 zur THC-Wirkstoffkonzentration infolge Cannabis-Konsums (1 BvR 2652/03, abgedruckt u.a. in NJW 2005, 349; weitere Nachweise sogleich unten) habe das Amtsgericht nur zu einem Freispruch gelangen dürfen. Die zugunsten des Betroffenen anzusetzende Morphinkonzentration von 2,5 ng/ml Blut stelle die Untergrenze der Nachweisbarkeit dar mit der Folge, dass eine theoretische Beeinträchtigung der Fahrleistung nicht in Betracht komme.
3. Die Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht hat demgegenüber beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Gesetzgeber habe mit 24 a Abs. 2 StVG einen Gefährdungstatbestand geschaffen, der ein allgemeines Verbot ausspreche und auf eine tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Einzelfall nicht abstelle. Ausweislich der Begründung zum ÄndG. v. 28.04.1998 (BT-Drucks. 13/3764) könne eine Dosis-Wirkungsbeziehung - anders als beim Alkohol - zwischen den benannten berauschenden Mitteln und ihrem Einfluss auf Leistungseinbußen beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht in der Weise festgestellt werden, dass sie erst ab bestimmten Grenzwerten gegeben sei.
Einer weiteren Überprüfung der konkreten Wirkstoffkonzentration habe es nicht bedurft. Denn eine Wirkstoffgrenze oder Mindestgrenze oder eine konkrete rauschmittelbedingte Beeinträchtigung beim Führen des Kraftfahrzeugs werde nach dem klaren Gesetzeswortlaut für den objektiven Tatbestand weder vorausgesetzt, noch sei insoweit eine einschränkende Auslegung der Bußgeldbewehrung von Verfassungs wegen geboten. Im Übrigen betreffe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 die Nachweisdauer für THC, während der Betroffene unter der Wirkung von Morphin gestanden habe.
II.
Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist mit Beschluss des Einzelrichters gemäß 80 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 OWiG auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern ( 80 a Abs. 2 OWiG) übertragen worden, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen. Der vorliegende Fall gibt Veranlassung, die Frage, welche tatbestandlichen Anforderungen in objektiver Hinsicht an einen Verstoß gegen 24 a Abs. 2 StVG zu stellen sind, näher zu klären.
III.
Die statthafte ( 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich zumindest vorläufig - als erfolgreich.
Die bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts tragen schon den Schuldspruch wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels nach 24 a Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 StVG und damit auch den Rechtsfolgenausspruch einschließlich des Fahrverbots nicht. Denn das Amtsgericht hat aus seiner Sicht konsequent und im Einklang mit der im Urteilszeitpunkt herrschenden fachgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BayObLG NStZ 2004, 703; NZV 2003, 252/253; OLG Zweibrücken NStZ-RR 2004, 149/151; NZV 2001, 483/484; OLG Saarbrücken VRS 102, 120; OLG Bamberg, Beschluss vom 07.03.2005 2 Ss OWi 206/05; ferner Hentschel Straßenverkehrsrecht 38. Aufl. 24 a StVG Rn. 21, 24 und Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht 19. Aufl. 24 a StVG Rn. 5 jeweils m.w.N.) - keine Feststellungen dazu getroffen, ob es die bei dem Betroffenen festgestellte Morphinkonzentration als möglich erscheinen lässt, dass der Betroffene am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit zum Zeitpunkt des Führens des Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr eingeschränkt war. Diese Frage bedurfte jedoch ungeachtet des seitens der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht zutreffend herausgestellten und dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Charakters der Regelung des 24 a Abs. 2 Satz 1 und 2 StVG als abstraktes Gefährdungsdelikt, seiner Funktion als Auffangtatbestand zu den 316, 315 c Abs. 1 Nr. 1 StGB und seines Schutzzwecks vorliegend angesichts der Fortentwicklung der Messverfahren zum Nachweis des berauschenden Mittels im Blut, insbesondere in Bezug auf Wirkstoffkonzentration und Nachweisdauer, der konkreten tatrichterlichen Feststellung.
1. Nach 24 a Abs. 2 StVG handelt ordnungswidrig, wer (zumindest) fahrlässig gegen das Verbot zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung der in der Anlage zu 24 a StVG aufgeführten berauschenden Mittel verstößt (zu den gesteigerten Anforderungen an den Nachweis des subjektiven Tatbestandes bzw. der inneren Tatseite, wenn zwischen der Einnahme des berauschenden Mittels und der Verkehrsteilnahme, d.h. der Wirkung des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt, ein längerer Zeitraum verstrichen ist, OLG Hamm NJW 2005, 3298 ff. = DAR 2005, 640 ff. = BA 43, 232 ff.; vgl. auch OLG Bremen NZV 2006, 276 f. und zuletzt OLG Saarbrücken NJW 2007, 309/311).
a) Die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes von 24 a Abs. 2 StVG setzt deshalb grundsätzlich lediglich die Feststellung voraus, dass das berauschende Mittel zum Zeitpunkt des Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr gewirkt hat. Eine solche Wirkung liegt nach 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG vor, wenn festgestellt wird, dass zu diesem Zeitpunkt eine in der Anlage zu 24 a StVG genannte Substanz, darunter Morphin, im Blut des Betroffenen nachgewiesen ist, und diese Substanz nicht aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt ( 24 a Abs. 2 Satz 3 StVG).
b) Allerdings beruht die Regelung auf der Annahme, dass bei einem solchen Nachweis die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und damit die der Bußgeldbewehrung zu Grunde liegende Annahme einer abstrakten Verkehrsgefährdung gegeben ist. Der Gesetzgeber ging insoweit davon aus, dass Wirkungs- und Nachweisdauer bei den einzelnen Mitteln übereinstimmen, weil die Feststellung der in der Anlage zu 24 a StVG genannten Substanzen im Blut im Hinblick darauf, dass sie dort mitunter nur wenige Stunden nachgewiesen werden können, eine Aus
age über den erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme des berauschenden Mittels und der Blutentnahme gestattet (vgl. BT-Dr. 13/3764, S. 4 f.).
Diese Annahme ist jedoch nicht mehr uneingeschränkt gerechtfertigt. So hat sich die Nachweisdauer für das Vorhandensein von Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychoaktiven Hauptwirkstoff von Cannabis, auf Grund von Blutproben wesentlich erhöht. Spuren der Substanz lassen sich heute über mehrere Tage, unter Umständen sogar Wochen nachweisen. Die Annahme des Gesetzgebers von der Identität der Wirkungs- und Nachweiszeit triff deshalb für Cannabis nicht mehr zu mit der Folge, dass ein positiver Drogenbefund bei der Blutuntersuchung auch noch dann festgestellt werden kann, wenn der Konsum des Rauschmittels tatsächlich schon längere Zeit vor der Fahrt erfolgte und von der Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit nicht mehr ausgegangen werden kann. Der Vorstellung des Gesetzgebers, die in der Anlage zu 24 a StVG aufgeführten Wirkstoffe seien nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Genuss des berauschenden Mittels im Blut nachweisbar, ist damit jedenfalls für THC - die Grundlage entzogen (BVerfG NJW 2005, 349/350 f. m.w.N.; weitere Nachweise sogleich unten).
c) Ob deshalb auch für das zur Substanzklasse der Opiate zählende Morphin und nicht zuletzt für das von ihm abgeleitete - ebenfalls in der Anlage zu 24 a Abs. 2 StVG ausdrücklich genannte - halbsynthetische Derivat Heroin (Diazethylmorphin) nicht mehr länger von einer übereinstimmenden Wirkungs- und Nachweisdauer auszugehen ist, entzieht sich einer abschließenden Beurteilung durch den zur Prüfung möglicher Gesetzesverletzungen ( 337 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) berufenen Rechtsbeschwerdesenat. Für die weitere rechtliche Beurteilung muss jedoch die Möglichkeit genügen, dass auch für Morphin nicht mehr ohne weiteres jedweder Nachweis im Blut die Annahme des Gesetzgebers von der Identität der Wirkungs- und Nachweiszeit und damit eine Verurteilung nach 24 Abs. 2 StVG rechtfertigen kann.
2. Die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit, die im Rahmen ihres weiten Schutzbereichs auch das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr umfasst, gebietet vor diesem Hintergrund im Hinblick auf die Anforderungen des (allgemeinen) Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, und hier innerhalb der Prüfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Zumutbarkeit), den über 24 a Abs. 2 StVG grundsätzlich verfassungskonform eingegrenzten Eingriff in die Handlungsfreiheit von der über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Einschränkung abhängig zu machen, dass nicht mehr jeder Nachweis eines der in der Anlage zu 24 a Abs. 2 StVG genannten berauschenden Mittel im Blut, darunter Morphin, für eine Verurteilung nach 24 a Abs. 2 StVG ausreichend ist (zum Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung des nicht in der Anlage zu 24 a StVG genanten berauschenden Mittel Methamphetamin vgl. OLG Jena NStZ 2005, 413 f. = StraFo 2005, 170 f. = StV 2005, 276 = DAR 2005, 465 f.). 24 a Abs. 2 StVG ist demgemäß im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin auszulegen, dass durch den Tatrichter eine Konzentration des berauschenden Mittels im Blut festgestellt werden muss, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt zumindest als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Denn nur in diesem Fall ist die in 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG aufgestellte gesetzliche Vermutung weiterhin gerechtfertigt (für Cannabis und seinen psychoaktiven Hauptwirkstoff THC vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 1 BvR 2652/03 = NJW 2005, 349/350 ff. mit krit. Anm. Schreiber NJW 2005, 1026 f. = NZV 2005, 270/271 ff. mit. Anm. Bönke NZV 2005, 272 = StV 2005, 383 ff. mit Anm. Nobis StV 2005, 386 = DAR 2005, 70 ff.; ferner für Amphetamin OLG München NJW 2006, 1606 f. = DAR 2006, 287 ff. = ZfSch 2006, 290 ff. = VRS 110, 296 ff. = StV 2006, 531 ff.; jeweils für Cannabis (THC) OLG Bremen NZV 2006, 276 und OLG Schleswig, Beschluss vom 18.09.2006 - 1 Ss OWi 119/06; für Amphetamin insoweit wie hier auch OLG Zweibrücken NJW 2005, 2168 f. = VRS 108, 441 ff. = DAR 2005, 408 f. = StV 2005, 443 f. und für Cannabis (THC) bzw. Heroin (Morphin) auch OLG Köln NStZ-RR 2005, 385 ff. = VRS 109, 193 ff. = DAR 2005, 646 f. = BA 43, 236 ff. und Beschluss vom 18.08.2005 - 81 Ss OWi 31/05 = DAR 2005, 699 ff.).
Demgegenüber verlangt eine Verurteilung nach 24 a Abs. 2 StVG auch weiterhin nicht, dass eine tatsächliche Wirkung des Rauschmittels im Sinne einer konkreten Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit bei dem Betroffenen im Einzelfall festgestellt und nachgewiesen wird. Vielmehr erfordert das objektive Tatbestandsmerkmal des 24 a Abs. 2 StVG unter der Wirkung eines ... berauschenden Mittels gerade keine tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrsicherheit, mithin auch keine Feststellungen zu den konkreten Auswirkungen des Betäubungsmittelkonsums im Sinne einer konkreten Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit (OLG München, OLG Zweibrücken und OLG Köln, jeweils a.a.O.).
Ebenso wenig lässt sich aus Art. 2 Abs. 1 GG noch aus sonstigem Verfassungsrecht die Notwendigkeit einer weiterreichenden einschränkenden Auslegung und Anwendung von 24 a Abs. 2 StVG des Inhalts herleiten, dass erst ab Erreichen einer ganz bestimmten Wirkstoffkonzentration im Sinne eines analytischen, einen Qualitätsstandard beschreibenden Grenzwertes (Möller BA 2004, Heft 2, Supp. S. 16/17), ab dem die untersuchenden medizinisch-wissenschaftlichen Fachinstitute einen sicheren Nachweis der Substanz im Blut gewährleisten können, eine Ahndung nach 24 a Abs. 2 StVG in Betracht kommt (so für Amphetamin zutreffend OLG München a.a.O.; a.A. für Amphetamin wegen deutlicher Überschreitung des empfohlenen Nachweisgrenzwertes allerdings mit nicht tragenden Erwägungen vor allem OLG Zweibrücken a.a.O. und für THC und Heroin bzw. Morphin wegen fehlender bzw. nicht genügend nachvollziehbarer Wiedergabe der konkreten sachverständigen Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen des rechtsmedizinischen Gutachtens im angefochtenen Urteil mit ebenfalls jeweils nicht entscheidungstragenden Gründen auch OLG Köln NStZ-RR 2005, 385 ff. und DAR 2005, 699 ff.). Dabei macht es keinen Unterschied, ob man in einer postulierten Maßgeblichkeit eines analytischen Grenzwertes die Anerkennung eines generell gültigen Gefahrengrenzwertes oder lediglich eine an die verfahrensrechtliche Vorschrift des 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG anknüpfende und deshalb den eigentlichen Bußgeldtatbestand nicht berührende, von der Schuldform unabhängige einschränkende Voraussetzung der Ahndbarkeit (OLG Zweibrücken a.a.O.) oder eine objektive Bedingung der Ahndbarkeit (Hentschel 24 a StVG Rn. 26 und Stein NZV 2003, 251, jeweils unter Bezugnahme auf Riemenschneider, Fahrunsicherheit oder Blutalkoholgehalt als Merkmal der Trunkenheitsdelikte, 2000, S. 269 f.) erblickt. In beiden Fällen blieben in tatsächlicher Hinsicht zudem etwa die Fragen völlig ungeklärt, ob und gegebenenfalls wie die Problematik möglicher Messtoleranzen Berücksichtigung finden (Bönke NZV 2005, 272/273) und wie eine etwaige die nach dem Gesetz maßgebliche Morphinkonzentration zur Tatzeit angemessen berücksichtigende Rückrechnung des rechtsmedizinisch analysierten Blutwertes (Krause HRR-Strafrecht 2005, 138/149 ff.) realisiert werden könnte.
Die Verbindlichkeit eines rein analytischen Grenzwertes oder eines anderen Mindest-Grenzwertes für die Anwendung des 24 a Abs. 2 StVG, etwa der seitens der beim Bundesministerium für Verkehr angesiedelten so genannten Grenzwertkommission empfohlenen analytischen Grenzwerte (für Morphin nach der Empfehlung vom 22.11.2002, bestätigt durch Beschluss der Kommission vom 24.10.2005, derzeit 10 ng/ml Blut, vgl. BA 2005, 160 und Eisenmenger NZV 2006, 25; ferner Möller BA 2004 Heft 2, Supp. S. 17; Albrecht SVR 2005, 82 sowie Bönke NZV 2005, 272/273), kann im Übrigen nicht auch nicht mittelbar - dem Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 (a.a.O.) entnommen werden. Aus diesem ergibt sich lediglich, dass nicht mehr jeder Nachweis eines berauschenden Mittels im Blut für eine Verurteilung ausreicht (OLG München a.a.O. und zuletzt jeweils für Kokain (Benzoylecgonin) unter Aufgabe der vereinzelt gebliebenen gegenteiligen Auffassung im Einzelrichterbeschluss des 2. Senats für Bußgeldsachen des OLG Bamberg vom 08.08.2005 - 2 Ss OWi 551/2005 = StraFo 2006, 85 = DAR 2006, 286 m. krit. Anm. König Beschlüsse des 2. Senats für Bußgeldsachen des OLG Bamberg vom 18.08.2006 2 Ss OWi 959/06, vom 29.11.2006 2 Ss OWi 1053/05 und vom 01.12.2006 2 Ss OWi 1623/05; a.A. für THC offenbar Wehowsky BA 2006, 125/128 ff. mit der allerdings ohne Einschränkung zu unterstreichenden Forderung nach einem Tätigwerden des Gesetzgebers im Sinne einer verbindlichen Festlegung der maßgeblichen Schwellenwerte).
IV.
Nach alledem durfte die Verurteilung des Betroffenen nicht allein auf die unter dem analytischen Grenzwert für Morphin von 10 ng/ml Blut liegende Morphinkonzentration gestützt werden. Bereits der Schuldspruch verlangt vielmehr ergänzende Feststellungen zu der Frage, ob es die festgestellte Morphinkonzentration zumindest als möglich erscheinen lässt, dass der Betroffene am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit zum Zeitpunkt des Führens des Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr eingeschränkt war.
Aufgrund des aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangels ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Jedoch können die bislang getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch bestehen bleiben, weil sie durch die aufgezeigte Gesetzesverletzung nicht betroffen werden ( 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG in Verbindung mit 353 Abs. 1 und 2 StPO); sie sind allerdings für den Fall eines neuerlichen Schuldspruchs zu ergänzen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen ( 79 Abs. 6 OWiG).
Der Senat entscheidet durch Beschluss nach 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
Fahrverbot wegen Kokainkonsums
Leitsätze:
1. Bei einer Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß 24a Abs. 2 StVG nach Kokainkonsum gehört zu den notwendigen tatrichterlichen Feststellungen auch die Mitteilung der Benzoylecgonin-Konzentration im Blut des Betroffenen.
2. Bei einem Benzoylecgonin-Wert ab 75 ng/ml besteht die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit.
Oberlandesgericht Hamm
Az: 2 Ss OWi 91/07
Beschluss vom 19.03.2007
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 27. Oktober 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 03. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Kokain ( 24 a Abs. 2, 3 StVG) zu einer Geldbuße von 250 Euro verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel nach 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde war vielmehr auf der Grundlage der Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in der Stellungnahme vom 15. Februar 2007 gemäß 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Zusätzlich zu den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft weist der Senat nur auf Folgendes hin.
Das Amtsgericht hat festgestellt:
Danach führte der Betroffene am 31.12.2005, dem Silvestertag, gegen 22.20 Uhr das Fahrzeug BMW mit dem amtlichen Kennzeichen auf der L Str. in Hagen unter der Wirkung berauschender Mittel (Kokain). ......Die Konzentrationen lagen oberhalb des jeweiligen höchsten Eich-kurvenwertes von 100 ng/ml Serum für Kokain bzw. 1000 ng ml Serum, bei Extrapolation der Eichkurven ergaben sich Werte von Kokain 233 ng/ml Serum Benzoylecgonin 2431 ng/ml Serum.....
Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen eines Verstoßes gegen 24a Abs. 2 StVG. Nach 24a Abs. 2 Satz 1 StVG begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels führt. Eine solche Wirkung liegt gemäß 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG vor, wenn eine dieser in der Anlage angeführte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Dies ist für das Kokain die Substanz Benzoylecgonin (BZE) als dessen Abbauprodukt.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. 12. 2004 (NJW 2005, 349 ff. = VRR 2005, 34), die die Aufnahme von Cannabis und die nachzuweisende Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) betraf, ist 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass eine Konzentration festgestellt sein muss, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BVerfG, a.a.O.). Da sich aufgrund der fortgeschrittenen Untersuchungsmethoden die Nachweisdauer erhöht hat, können Nachweisdauer und Wirkungsdauer nicht mehr - wie bei Einführung dieses Tatbestandes im Jahre 1998 vom Gesetzgeber zugrunde gelegt - gleichgesetzt werden. Gleiches gilt auch für die anderen Rauschmittel, so dass 24a Abs. 2 Satz 2 StVG auch in Bezug auf Kokain/Benzoylecgonin entsprechend verfassungskonform auszulegen ist (für eine entsprechende Anwendung Bönke NZV 2005, 272, 273; Wehowsky BA 2006, 125, 129; Eisenmenger NZV 2006, 24, 27; vgl. dazu z.B. OLG Schleswig VRR 2006, 474; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309; OLG Köln DAR 2005, 699 zu Morphin; OLG Zweibrücken VRR 2005, 199 124 zu Amphetamin; OLG München VRR 2006, 276 zu Amphetamin; OLG Bamberg, Beschl. v. 1. 12. 2006, 2 Ss OWi 1623/05 für Kokain; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29. 1. 2007, 3 Ss 205/06 für THC).
Für einen sicheren Nachweis der Substanz Benzoyiecgonin (BZE) hat die seit 1993 am Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angesiedelte Grenzwertkommission dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechend eine Konzentration von 75 ng/ml BZE im Blutserum als analytischen Grenzwert in ihrem Beschluss vom 20. 11. 2002 festgelegt (BA 2005, 160). Dieser analytische Wert besagt zunächst nicht mehr, als dass ab diesem Wert BZE sicher nachweisbar ist, ohne dass weitere Sicherheitszuschläge erforderlich wären. Er belegt darüber hinaus, dass innerhalb der letzten 24 Stunden Kokain konsumiert wurde (Eisenmenger, a.a.O.). Ab diesem Wert besteht zugleich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit, die die Sanktionierung durch das abstrakte Gefährdungsdelikt legitimiert. Bei tiefer liegenden Messwerten ist die Annahme eines zeitnahen Konsums zunehmend weniger gerechtfertigt (Grenzwertkommission BA 2005, 160). Unterhalb dieses Grenzwertes nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung ab (Wehowsky, BA 2006, 125/129; zu allem auch OLG Bamberg, a.a.O.).
Das Amtsgericht hat vorliegend das Ergebnis der Blutuntersuchung festgestellt. Dieses liegt über dem von der Grenzwertkommission festgelegten analytischen Grenzwert. Die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen 24a Abs. 2 StVG ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 StPO.
Fahrverbot und der THC-Mindestgrenzwert
Oberlandesgericht Brandenburg
Az: 1 Ss (OWi) 291 B/06
Beschluss vom 30.03.2007
In der Bußgeldsache wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung berauschender Mittel hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 30. März 2007 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 6. Juni 2006 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Perleberg zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg verhängte gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung berauschender Mittel eine Geldbuße von 350 Euro und setzte ein Fahrverbot von einem Monat gegen ihn fest. Das Amtsgericht hat den Betroffenen von diesem Tatvorwurf mit Urteil vom 6. Juni 2006 aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil allein die beim Betroffenen festgestellte Konzentration Tetracydrocannabinol (THC) von 1,2 ng/ml sowie Amphetamin von 15,9 ng/ml im Serum ohne vorliegende Fahrfehler und körperliche Ausfallerscheinungen nicht belege, dass er entsprechend 24 a Abs. 2 StVG unter der Wirkung berauschender Mittel gestanden habe. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beigetreten ist.
II.
Das entsprechend 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte und gemäß 79 Abs. 3 OWiG, 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel, über das der Senat nach Übertragung der Sache durch den Einzelrichter gemäß 80 a Abs. 3 OWiG in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet, hat Erfolg. Das amtsgerichtliche Urteil hält der auf die Sachrüge hin veranlassten Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stand.
1. Das Amtsgericht hat sich zur Begründung seines freisprechenden Urteils auf ein Sachverständigengutachten bezogen, das es u.a. zu der Frage eingeholt hatte, ob die beim Betroffenen festgestellte Konzentration von THC und Amphetamin aus wissenschaftlicher Sicht (nicht) geeignet sei, die Möglichkeit einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit zu begründen. Der Sachverständige sei hinsichtlich der Frage des Cannabiskonsums zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit (erst) dann angenommen werden könne, wenn der von der Grenzwertkommission empfohlene Wert von 1 ng/ml THC erreicht sei. Das Bundesverfassungsgericht habe das Bestimmungsmedium zur Feststellung der entsprechenden Grenzwerte jedoch nicht benannt, so dass nicht feststehe, ob es sich hierbei um eine Konzentration "im Blut" oder "im Serum" handeln soll. Da sich entsprechend dem Sachverständigengutachten insoweit ein Umrechnungsfaktor von 1 ("im Blut") zu 2 ("im Serum") ergebe, sei davon auszugehen, dass der Grenzwert bei 2,0 ng/ml im Serum liege und im vorliegenden Fall damit nicht erreicht sei. In den Urteilsgründen ist ferner Folgendes ausgeführt:
"Nur ergänzend sei auf die aus aktueller wissenschaftlicher Sicht laut Gutachten nachvollziehbar dargelegte Auffassung des Sachverständigen in seinem Gutachten auch für einen Wert von 1,2 ng/ml THC im Serum verwiesen, Zitat: Kombiniert man diese Resultate der Dynamik und Kinetik von Cannabis ist aus wissenschaftlicher Sicht eine festgestellte Konzentration von 1,2ng/ml THC im Serum nicht geeignet, die Möglichkeit einer Einschränkung der Fahrsicherheit zu begründen . Im Weiteren weist der Sachverständige zudem orientiert an die Beweisfrage darauf hin, dass die beim Betroffenen festgestellte THC-Konzentration subjektiv nicht wahrzunehmen sein dürfte."
2. Die Urteilsbegründung weist durchgreifende Rechtsfehler auf. Die Würdigung des Sachverständigengutachtens ist bereits insofern unzureichend, als das Amtsgericht die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen nicht so wiedergibt, wie dies für eine Überprüfung der Beweiswürdigung in der Rechtsbeschwerdeinstanz erforderlich gewesen wäre (vgl. hierzu BGH NStZ 1991, 596 f.). Warum die festgestellte Konzentration von THC nicht geeignet sein soll, die Möglichkeit einer Einschränkung der Fahrsicherheit zu begründen, vermag der Senat anhand der Urteilsgründe nicht nachzuvollziehen. Darüber hinaus widerspricht die Wertung hinsichtlich des THC-Grenzwertes der herrschenden und zutreffenden - zum Teil allerdings erst zeitlich nach der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts ergangenen - obergerichtlichen Rechtsprechung.
a) Gemäß 24 a Abs. 2 Satz 1 StVG in der seit dem 1. August 1998 geltenden Fassung handelt ordnungswidrig, wer zumindest fahrlässig unter der Wirkung eines in der Anlage zu 24 a StVG aufgeführten berauschenden Mittels - hier: Cannabis - im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt. Nach der Legaldefinition des 24 a Abs. 2 Satz 2 StVG liegt eine solche Wirkung vor, wenn eines der betreffenden Mittel im Blut nachgewiesen ist.
Der Gesetzgeber hat insoweit keinen Mindestgrenzwert bestimmt, sondern ein generelles Verbot eingeführt, weil einerseits eine Quantifizierbarkeit der Dosis-Wirkungsbeziehung nicht möglich sei und exakte Drogengrenzwerte somit nicht definierbar seien, andererseits auch schon bei sehr geringen Mengen im Blut eine Gefährdung möglich sei. Der Gesetzgeber ist ferner davon ausgegangen, dass die Regelung nicht unverhältnismäßig sei, weil ein milderes Mittel zur Bewältigung der Verkehrssicherheitsproblematik derzeit nicht zur Verfügung stehe und die betreffenden Substanzen auch nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Genuss des berauschenden Mittels im Blut nachweisbar seien, so dass bei einem entsprechendem Nachweis die aktuelle Beeinflussung des Betroffenen belegt sei. (vgl. BT-Drucksache 13/3764, S. 5f; 13/8979, S. 6)
b) Im Hinblick darauf, dass sich infolge des technischen Fortschritts THC im Blut nunmehr wesentlich länger - "über mehrere Tage, unter Umständen sogar Wochen" - nachweisen lasse, hat das Bundesverfassungsgericht durch Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 entschieden, dass nicht mehr jeder Nachweis von THC im Blut für eine Verurteilung ausreiche. 24 a Abs. 2 StVG sei vielmehr verfassungskonform auszulegen: Es müsse eine Konzentration festgestellt werden, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdeliktes als möglich erscheinen lasse, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen habe, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt gewesen sei (BVerfG NJW 2005, 349, 351). Das werde in der Wissenschaft zum Teil erst ab dem von der Grenzwertkommission in ihrem Beschluss zu 24 a Abs. 2 StVG vom 20. November 2002 angegebenen "Grenzwert von 1 ng/ml" angenommen (BVerfG aaO.). Das Bundesverfassungsgericht hat damit keinen bestimmten Grenzwert vorgegeben, sondern lediglich klargestellt, dass der Wirkstoffnachweis ab bestimmten (Mindest)Werten den Rückschluss erlaube, der Täter habe bei der Teilnahme am Straßenverkehr unter der tatbestandlich relevanten Wirkung des Rauschmittels gestanden.
c) Die Arbeitsgruppe für Grenzfragen und Qualitätskontrolle der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Gesellschaft für Forensische und Toxikologische Chemie, die sog. Grenzwertkommission, hat im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in ihrer Sitzung vom 24. Oktober 2005 durch einstimmigen Beschluss bekundet, dass die 1 ng/ml-Grenze für THC als "Entscheidungsgrenze" anzusehen sei, die unter der Voraussetzung geeigneter Nachweisverfahren auch den erforderlichen und ausreichenden Sicherheitszuschlag enthalte (vgl. Eisenmenger NZV 2006, 24, 25 mit Nachweisen). Dem ist die obergerichtliche Rechtsprechung gefolgt.
aa) Danach reicht es für die Feststellung des Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis aus, wenn bei einer Blutuntersuchung auf THC im Blutserum, welche den von der Grenzwertkommission vorausgesetzten Qualitätsstandards genügt (vgl. Eisenmenger aaO.), ein Messergebnis ermittelt wird, welches den von der Grenzwertkommission empfohlenen analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC im Serum erreicht; Zuschläge für Messungenauigkeiten sind dabei nicht erforderlich (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29. Januar 2007 - 3 Ss 205/06, BA 2007, 101 f; OLG Schleswig, Beschl. v. 18. September 2006 - 1 Ss OWi 119/06, Zit. aus juris; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29. November 2006 - 1 SS (B) 44/2006 (57/06), NJW 2007, 309, 310; OLG Bamberg, Beschl. v. 8. August 2005 - 2 Ss OWi 551/05, BA 2006, 238, 239; OLG Köln, Beschl. v. 30. Juni 2005 - 8 Ss-OWi 103/05, NStZ-RR 2005, 385, 386; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13. April 2005 - 1 Ss 50/05 BA 2006, 235, vgl. auch Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht 19. Aufl. 24 a StVG Rdnr. 5 a).
bb) Der Senat hat keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung der Oberlandesgerichte abzuweichen. Eine Verurteilung nach 24 a Abs. 2 StVG erfordert nicht, dass eine tatsächliche Wirkung des Rauschmittels im Sinne einer konkreten Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit bei dem Betroffenen im Einzelfall festgestellt und nachgewiesen wird. Verfassungsrechtlich geboten ist lediglich die Einschränkung des ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellenden Tatbestandes für die Fälle, in denen das Verhalten des Täters für das betroffene Rechtsgut - die Sicherheit des Straßenverkehrs - kein reales Gefährdungsrisiko bewirkt. Dies kommt nur in Betracht, wenn die festgestellte Konzentration des Rauschmittels so gering ist, dass keinerlei Wirkung und Beeinträchtigung für die Verkehrssicherheit mehr vorliegen kann. Da es weiterhin an gesicherten, in Wissenschaftskreisen einhellig akzeptierten Erkenntnissen über die Dosis-Konzentrations-Wirkungsbeziehungen, welche eine exakte Festlegung von Grenzwerten analog denen für die Blutalkoholkonzentration (vgl. 24 a Abs. 1 StVG) erlauben würden, fehlt, (vgl. die Zusammenstellung von Krause, HRRS 4/2005, 138, 145-149), ist insoweit lediglich sicherzustellen, dass vom blutanalytischen Wirkstoffnachweis nur solche Konzentrationen berücksichtigt werden, die "deutlich oberhalb des Nullwertes" liegen (vgl. BVerfG NJW 2005, 349, 351). Diesen Anforderungen werden die von der "Grenzwertkommission" festgelegten analytischen Grenzwerte gerecht, bei denen es sich nicht um Gefahrengrenzwerte oder feststehende Werte, ab denen die Leistungsfähigkeit gemindert ist, sondern um vom wissenschaftlichen Fortschritt abhängige, pharmakodynamische und rein analytische Grenzwerte handelt (Bönke, BA 2004 Suppl. 1, S. 6), die - ohne zusätzlich erforderliche Zuschläge für Messunsicherheiten - den sicheren Nachweis zulassen, dass der Betreffende noch unter der Einwirkung zuvor genossenen Rauschmittels steht (vgl. OLG Saarbrücken NJW 2007, 309, 310 m.w.N.).
cc) Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung unterliegt es auch keinem Zweifel, dass es sich - betreffend dem danach geltenden analytischen Grenzwert - bei dem Medium, in dem die Konzentration gemessen wird, nicht um "Blut", sondern "(Blut)Serum" handelt (vgl. Eisenmenger aaO, S. 25 zu den einzelnen Werten "im Serum", dort auch zu in der Schweiz geltenden, abweichend bestimmten analytischen Grenzwerten "im Blut"). Dass das Bundesverfassungsgericht - das sich hinsichtlich eines konkret anzuwendenden Grenzwertes auch nicht festgelegt hat - in seiner Entscheidung das Untersuchungsmedium zu dem genannten Wert von 1,0 ng/ml nicht genau bezeichnet hat, steht dem nicht entgegen. Denn die Kammer hat sich hierbei (vgl. BVerfG NJW 2005, 349, 351) u.a. auch auf die Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts bezogen, das in dem zitierten Beschluss das Medium genau bezeichnet hat ("1 ng/ml im Serum", BayObLG NJW 2003, 1681, 1682).
III.
Da das Amtsgericht danach angesichts der beim Betroffenen festgestellten Konzentration von 1,2 ng/ml THC im Serum die Anforderungen an die gemäß 24 a Abs. 2 StVG zu treffenden Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen überspannt hat, unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Die Sache ist zu erneuter tatrichterlicher Verhandlung zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Amtsgericht hat nach den bislang getroffenen Feststellungen rechtsfehlfrei angenommen, dass aufgrund der beim Betroffenen festgestellten Konzentration von 15,9 ng/ml Amphetamin im Serum eine Bußgeldsanktion nicht in Betracht kommt. Denn diese Amphetaminkonzentration liegt unter dem insoweit geltenden analytischen Grenzwert von 25 ng/ml im Serum und kann daher nach den Grundsätzen der auch für die Substanz Amphetamin geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu einer Verwirklichung des objektiven Bußgeldtatbestandes führen (vgl. OLG München NJW 2006, 1606 f.; OLG Zweibrücken NJW 2005, 2168 f.). Ob gleichwohl eine Ahndung nach 24 a Abs. 2 StVG möglich ist, wenn sich aufgrund anderer, besonderer Umstände im Einzelfall ergibt, dass die Fahrtüchtigkeit des Betroffenen trotz der nur geringen Betäubungsmittelkonzentration eingeschränkt war (so OLG München aaO.; aA OLG Zweibrücken aaO.), kann hier offen bleiben, weil nach den Feststellungen im vorliegenden Fall beim Betroffenen weder Fahrfehler noch körperliche Ausfallerscheinungen vorlagen. Das Amtsgericht hat ferner im Ergebnis zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten berücksichtigt, dass angesichts der Geringfügigkeit der festgestellten Rauschmittelkonzentration dem Tatbestand des "Mischkonsums" keine selbständige Bedeutung für eine Ahndung der Tat als Ordnungswidrigkeit zukommt.
2. Hinsichtlich der vom Tatrichter zu klärenden Frage des subjektiven Tatvorwurfs wird Folgendes zu beachten sein: Die für die Frage von Vorsatz oder Fahrlässigkeit entscheidenden Voraussetzungen beziehen sich im Rahmen von 24 a Abs. 2 StVG nicht lediglich auf den Konsumvorgang, sondern auch auf die Wirkung des berauschenden Mittels zum Tatzeitpunkt (vgl. OLG Karlsruhe BA 2007, 101, 102; OLG Hamm NZV 2005, 428, 429). Der Umstand, dass der Betroffene ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr "unter der Wirkung" berauschender Mittel geführt hat, stellt keine objektive Bedingung der Strafbarkeit dar; die fortbestehende Rauschwirkung zur Tatzeit ist daher Tatbestandsmerkmal, auf das sich die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen erstrecken müssen. Für eine Verurteilung bedarf es mithin der tatrichterlichen Überzeugung, dass der Betroffene die Möglichkeit fortdauernder Wirkung des Haschisch-Konsums entweder erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können und müssen (vgl. OLG Hamm aaO., das im Ergebnis allerdings nach Auffassung des Senats zu hohe Anforderungen an den subjektiven Tatnachweis stellt). Der Vorwurf fahrlässigen Handelns ( 10 OWiG) setzt dabei nicht voraus, dass der Betroffene tatsächlich bemerkt hat, dass er das Fahrzeug unter Einfluss des Rauschmittels fuhr; denn in diesem Fall läge vorsätzliches Verhalten vor (BayOblG, Beschl. v. 26. Februar 2004 - 2 ObIWi 45/04, BVerfG, Beschl. v. 25. Januar 2005 - 1 BvR 760/04, jeweils abgedruckt in BA 2006, 47, 49). Auch ist nicht zwingend erforderlich, dass er die Wirkung des Rauschmittels zur Tatzeit hätte spüren können, die THC-Konzentration also subjektiv wahrnehmbar war. Vielmehr genügt insoweit, dass er die Möglichkeit der fortdauernden, wenn auch womöglich subjektiv nicht spürbaren Rauschwirkung hätte erkennen können und müssen. Denn allein die nicht auszuschließende Möglichkeit einer fortdauernden Rauschbeeinflussung ist gemäß 24 a Abs. 2 StVG objektive Tatbestandsvoraussetzung, so dass sich der subjektive Tatvorwurf auch nur hierauf erstrecken muss. Fahrlässig handelt danach, wer in zeitlichem Zusammenhang zu einem späteren Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und sich dennoch an das Steuer seines Fahrzeugs setzt, ohne sich bewusst zu machen, dass der Rauschmittelwirkstoff noch nicht vollständig unter den analytischen Grenzwert abgebaut ist; nicht erforderlich ist, dass sich der Betroffene einen "spürbaren" oder "messbaren" Wirkstoffeffekt vorgestellt hat oder zu einer entsprechenden exakten physiologischen und biochemischen Einordnung in der Lage war, zumal ein Kraftfahrer die Unberechenbarkeit von Rauschdrogen in Rechnung zu stellen hat (vgl. OLG Saarbrücken NJW 2007, 309, 311 m.w.N.).
Demgemäß wird das Tatgericht auf der Grundlage möglicher Feststellungen zum Cannabiskonsum sowie etwaiger sonstiger Beweisanzeichen zu prüfen haben, ob der Betroffene eine fortbestehende mögliche körperliche Beeinflussung durch die konsumierten Drogen bei Fahrtantritt erkannt hat oder bei Beachtung der ihm nach den Umständen möglichen und zumutbaren Sorgfalt hätte erkennen können.